Überwachung bei Olympia

Salt Lake Stasi

Ein Traum olympischer Organisationskomitees kommt seiner Realisierung nahe. Denn die permanente Kontrolle über jeden Besucher, Teilnehmer und anderweitig Beteiligten der Spiele soll möglich werden. Ein entscheidender Schritt dorthin wird wahrscheinlich 2002 in Salt Lake City getan. Eine Abordnung des örtlichen Organisationskomitees zeigte sich begeistert von der beim Superbowl eingesetzten Gesichtserkennungs-Software.

Christopher Kramer, der Sprecher des Utah Olympic Planning Security Command freute sich, dass das System »sicher seinen Wert hat«. Über seinen Einsatz werde »ernsthaft nachgedacht«. Die Installation, von der das örtliche Organisationskomitee so begeistert ist, wurde zum ersten Mal beim diesjährigen XXXV. Superbowl in Tampa Bay eingesetzt. Im Raymond James Stadium und im angrenzenden Entertainmentbezirk Ybor City filmten Kameras jeden der über 100 000 Besucher.

Videoaufzeichnungen sind zwar mittlerweile üblich, neu war jedoch, dass die Gesichter von einem Programm erkannt und mit den Profilen in einer Datenbank verglichen wurden. Die Behörden suchten nach allem, was irgendwie in die Kategorie »sozial unangepasst« fallen konnte. In der Datei befanden sich Datensätze über jeden, vom Taschendieb zum Schwarzhändler, vom so genannten Störer bis hin zu so genannten Terroristen.

Das System arbeitete mit Hilfe einer FaceTrac-Software, die sich an mehreren Dutzend Parametern orientiert - vom Abstand der Augen bis zur Größe der Lippen. Zwar konnte kein Terrorist gefangen werden, aber immerhin entdeckten die Sicherheitsbehörden einen bekannten Schwarzhändler. Auch neben dem Einsatz im Taschendiebmilieu sind die Möglichkeiten solcher biometrischer Software vielfältig. In einzelnen Gefängnissen, Casinos und Einwanderungsbehörden wird sie mittlerweile verwendet. Zukünftig könnte sie für Zugangskontrollen aller Art sowie zur Innenstadtüberwachung genutzt werden.

Auch eine nicht-zivile Nutzung bietet sich an. Zwar wurde FaceTrac im Massachusetts Institute of Technology entwickelt, mittlerweile aber ist der Sprung von der staatlichen Forschung zum militärisch-industriellen Komplex gelungen. Eine der an der Superbowl-Installation beteiligten Firmen, Raytheon, gehört neben Boeing und McDonnell-Douglas zu den drei großen Rüstungsfirmen der USA. Bei einer anderen, Viisage Technologies, handelt es sich um ein Tochterunternehmen der auf Militärelektronik spezialisierten Firma Lau.

Bis zum ganz großen Einsatz hat man an der Technik aber noch zu arbeiten. Die Besucher mussten einzeln an den Drehkreuzen gefilmt werden, um elektronisch erkennbar zu sein. Es wurden in Tampa Bay aber auch Methoden getestet, Individuen in Menschenmengen zu identifizieren. Zudem gehen die Möglichkeiten weit über einen Datenabgleich im Stadion hinaus. In der Pressemitteilung von Viisage heißt es: »FaceTrac kann in Hochleistungsnetzwerken an verschiedenen Orten gleichzeitig zur Analyse und zur systematischen Datensuche benutzt werden.«

Bis 2002 ist ja noch Zeit. Zumindest auf einem begrenzten zeitlich-geographischen Gebiet wie den Olympischen Spielen rückt die Überwachung samt zugehörigem Bewegungsprofil und kriminalistischer Verhaltensanalyse in greifbare Nähe.