Konferenz zur Klonierung von Menschen in Rom

Vor dem letzten Tabu

Pünktlich zum Aufbruch ins dritte Jahrtausend haben Klon-Forscher auf einer Konferenz in Rom ein neues Zeitalter annonciert. Geht es nach den Vorstellungen dieser Reproduktionsmediziner, wird schon in wenigen Monaten eine Ära postbiologischer Glückseligkeit anbrechen, in der jedem Menschen auf Wunsch Nachwuchs in die Wiege gelegt werden kann, der dem erwachsenen Zellspender aufs Haar gleicht.

Noch im Herbst letzten Jahres verkündete der römische Star-Gynäkologe und Severino Antinori, er werde mit dem Klonen von Menschen beginnen. Finanziell sei das Experiment üppig ausgestattet, an Interessenten gebe es keinen Mangel. 600 kinderlose Paare sollen bereits sehnsüchtig auf einen klonierten Spross warten. Um nun die wissenschaftliche Bodenhaftung seiner exotischen Vision zu bekräftigen, versammelte Antinori in Rom befreundete Kollegen aus Italien, Österreich und den USA.

Sensationelle Ankündigungen gab es seit der Geburt des Klonschafs Dolly zuhauf. Im Gegensatz zu zwielichtigen Akteuren wie Richard Seed handelt es sich aber bei Antinori um einen zwar öffentlich umstrittenen, aber fachintern anerkannten Experten auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin. Dem Italiener kommt die Tatsache zu Hilfe, dass sich infolge der Freigabe des Klonens von Embryonen zu therapeutischen Zwecken durch die britische Regierung der Tonfall in der Debatte grundlegend geändert hat. Seit dem britischen Alleingang wird in allen europäischen Ländern mit zunehmender Ungeduld die Frage wiederholt, ob denn die Politik der Menschheit die Segnungen der Klontechnik vorenthalten dürfe.

Vernehmliche Kritik an der Klonforschung kommt heute ausschließlich aus dem Vatikan oder von der Konkurrenz aus dem Nachbarlabor in Großbritannien. So findet etwa Ian Wilmut, der Schöpfer Dollys, Klonierungsexperimente am Menschen »in krimineller Weise unverantwortlich«. Wie viele seiner Kollegen geht er wegen der hohen Quote von Missbildungen und Fehlgeburten, die es beim Klonieren von Tieren gibt, davon aus, dass mit ähnlichen Komplikationen auch beim Menschen gerechnet werden muss.

Besorgte Nachfragen dieser Art sind aber nicht mit einer seriösen Kritik zu verwechseln. Denn in dieser Logik erscheint das Klonen als moralisch legitim, solange sich nur die Erfolgsquote verbessert. Strategen wie Antinori halten den Kritikern entgegen, das Klonen sei die beste Waffe im Kampf gegen die Unfruchtbarkeit, vor allem die männliche.

Die Forscher wissen, dass die Aufregung um das Klonen im selben Maße nachlassen wird, in dem ihre Visionen sich als machbar erweisen und die Hoffnungen heute noch unglücklicher Paare erfüllt werden. Die unglaubliche Erfolgsstory der Reproduktionsmedizin in den letzten 20 Jahren zeigt, dass jedes noch so windige Heilsversprechen der Medizin ausgereicht hat, um moralische Grenzen zu verschieben.

Das Klonen setzt diese Geschichte fort. Trotz des aktuellen Medienspektakels um die römische Konferenz ist das Klonen aber nicht die schlagartige Überwältigung der gemütlichen Normalität durch menschliche Hybris. Im Gegenteil. Klonen ist nichts anderes als die logische Antwort auf Probleme, die die Technisierung der Reproduktion aufwirft. Daher wird das Klonen in diesem Prozess auch nicht der letzte Schritt bleiben. Wenn garantiert »defektfreie« Embryonen das gesellschaftlich anerkannte Ziel medizinischer Interventionen sind, muss die genetische Feineinstellung der Klone durch den gezielten Eingriff in die Erbmasse erlaubt sein. Der Keimbahnmanipulation steht also nichts mehr im Weg.