UN-Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban

Viele Holocausts

Trotz umfassender Vorbereitung und einer Fülle wichtiger und interessanter Papiere über Verfolgung, Unterdrückung und Rassismus wird die Ende August in Südafrika stattfindende UN-Weltkonferenz gegen Rassismus wohl dasselbe Schicksal erleiden wie unzählige UN-Gipfel zuvor. Wohlklingende Kommuniqués werden verabschiedet, auf die sich später Politiker nur noch in Sonntagsreden beziehen, während Feuilleton-Kommentatoren einmal mehr Grund zur Klage haben, dass sonst niemand sich an die Resolutionen erinnert. Erstmals, so der Vorsatz, sollen in Durban die Staaten dieser Welt, assistiert von mehreren hundert Nichtregierungsorganisationen, alle Formen des Rassismus, der Diskriminierung und Unterdrückung verurteilen und ächten.

Schon jetzt ausgenommen sind Verbrechen, für die die westlichen Industrienationen allein die Verantwortung tragen. Die USA weigern sich, über Entschädigungszahlungen für die Sklaverei zu verhandeln, die EU unterstützt einen kanadischen Vorschlag, dass Sklaverei zu verurteilen sei, nicht aber der Kolonialismus. Schließlich habe, so die belgische EU-Ratspräsidentschaft, dieser auch »Gutes gebracht«.

Endgültig zur Farce wird die Vorbereitung aber, weil wieder einmal der Zionismus ins Zentrum der Debatte gerät. In der Tradition der UN-Resolution von 1975, die den »Zionismus als eine Form des Rassismus« verurteilte, versuchen Staaten wie Syrien, der Iran und der Irak, die Konferenz für sich zu nutzen. Israel müsse als »faschistisches Apartheidsregime«, das einen »Holocaust an den Palästinensern« verübt habe, verurteilt werden.

Mit Empörung reagierten amerikanisch-jüdische Organisationen wie die Anti Defamation League (ADL), die die USA aufforderten, gegen den Missbrauch der »hehren Ziele der Konferenz« aktiv zu werden. Zwischenzeitlich kündigte George W. Bush sogar an, die Konferenz zu boykottieren, sollten die diskriminierenden Sätze nicht entfernt werden. Offiziell erklärte auch die EU, sie wolle sich nicht auf eine derartige Debatte einlassen, und forderte die betreffenden Staaten auf, die inkriminierten Stellen zurückzuziehen.

Die ADL veröffentlichte nun Auszüge aus Vorschlägen arabischer und afrikanischer Staaten, die in die Schlussresolution aufgenommen werden sollen. Diese lesen sich, als hätten Roger Garaudy, Horst Mahler und Martin Walser sie gemeinsam verfasst. Wir gedenken, heißt es dort, »der Opfer von Rassismus, rassischer Diskriminierung (...) Kolonialismus, der Holocausts (!), der ethnischen Säuberung der arabischen Bevölkerung im historischen Palästina und im Kosovo«. Mit großer Sorge betrachte man zudem die wachsende »rassistische Praxis des Zionismus, den Antisemitismus in verschiedenen Teilen der Welt, ebenso wie die bedrohliche Entwicklung rassistischer (...) Organisationen, besonders der zionistischen Bewegung«.

Ähnliche Töne waren in Genf vom Zusammenschluss der »Nichtregierungsorganisationen zur Vorbereitung der UN-Konferenz« zu hören, in deren vorläufigem Abschlusspapier, wie die israelische Tageszeitung Ha'aretz berichtete, Israel gleichfalls als »rassistisches, faschistisches Apartheidsregime« bezeichnet und die Vertreibung der Palästinenser 1948 zum »Holocaust« erklärt wird. Die Palästinenser litten demnach unter einer »militärisch-kolonialistischen Unterdrückung«, die ihnen ihre fundamentalen Menschenrechte und das Recht auf Selbstbestimmung vorenthalte; sie hätten deshalb das »international verbriefte Recht, sich mit allen Mitteln gegen die israelische Besatzung zu wehren«. Schon eine gemäßigtere Deklaration der NGO vom 15. Juni verurteilte als einziges Land der Welt namentlich Israel und seine »koloniale Diskriminierung der Palästinenser«.

Bislang war von keiner deutschen NGO Kritik an oder eine deutliche Distanzierung von der Genfer Erklärung zu vernehmen.