Arafat als »Partner gegen Terror«

Alte Rezepte

Zehn Jahre nach dem Ende des Golfkriegs scheint sich zu wiederholen, was damals schon zum Scheitern verurteilt war. In ihrem »war on terrorism« versuchen die USA erneut, möglichst viele arabische und islamische Länder vom Nutzen einer Koalition zu überzeugen. Einmal mehr werden so »Halsabschneideregimes« (Wolfgang Pohrt) wie Syrien und Pakistan hofiert. Dass George W. Bush auf die Rezepte seines Vaters zurückgreifen würde, war allein schon deshalb abzusehen, weil die USA es sich unmöglich mit den einflussreichen arabischen Staaten verscherzen können. Deren Unterstützung aber ist, das hat schon der Zweite Golfkrieg gezeigt, nur zu haben, wenn Israel in klare Grenzen gewiesen wird.

Schlecht beraten war also Ariel Scharon, als er nach den Attacken in den USA Yassir Arafat als bin Laden Israels bezeichnete und grünes Licht für ungewohnt heftige und verlustreiche Militärschläge gegen Jenin, Ramallah und Gaza gab. Seine Hoffnung, die Bekämpfung der Intifada würde fortan von den USA als Teil des »Krieges gegen den Terrorismus« nicht nur geduldet, sondern unterstützt, wurde auch umgehend enttäuscht.

Unmissverständlich machte die US-Regierung in der vergangenen Woche klar, dass sie in Arafat mehr denn je den Staatsmann sehe und die Palästinenser als Partner in die Antiterrorallianz aufzunehmen wünsche. Die Neuauflage eines Bündnisses Arafats mit Saddam Hussein nämlich will die US-Administration mit allen Mitteln verhindern. Dementsprechend übten die USA auch Druck auf Scharon und Arafat aus, umgehend einen möglichst weitreichenden Waffenstillstand in Kraft treten zu lassen und so das seit langem anvisierte Treffen zwischen Perez und Arafat zu ermöglichen.

Da beide Seiten den US-amerikanischen Forderungen weitgehend nachkamen, könnte sich erstmals seit Monaten eine Möglichkeit zur Realisierung des Mitchell-Planes abzeichnen. Die von den USA ausgegebene und von den meisten arabischen Staaten akzeptierte Formel, man bekämpfe den islamistisch motivierten Terror, der auch Länder wie Jordanien und Ägypten seit Jahren bedroht, und nicht den Islam, böte auch Arafat die Möglichkeit, den Verlauf der so genannten Al-Aqsa-Intifada zu ändern. Zeigte er, so ein Kommentator der Jerusalem Post, seinen Willen, den Terror gegen Israelis wirklich zu unterbinden, wäre er sich weitgehender internationaler Unterstützung sicher.

Noch aber bezweifeln die meisten Israelis, dass Arafat den Waffenstillstand wirklich ernst meint. Andererseits wird der israelischen Regierung bewusst, dass die USA von ihr Zurückhaltung und Kompromissbereitschaft erwarten: »Israel wird«, so Yoel Marcus in der Ha'aretz, »seine Rambo-Rolle aufgeben müssen, denn die USA haben beschlossen, dass es in diesem Spiel auf der Zuschauerbank sitzen wird.« Anders als seine arabischen Nachbarländer wurde nämlich Israel bislang nicht einmal gefragt, ob es der »Allianz gegen den Terror« beitreten wolle. Zu sicher sind sich die USA der Unterstützung Israels, als dass sie in Krisensituationen bereit sind, Zugeständnisse an eine israelische Politik zu machen, die seit Monaten in Washington mehr oder weniger heftig kritisiert wurde.

Kurz nur also war die Hoffnung, die Bilder des brennenden World Trade Center könnten der Politik Scharons den Rücken stärken. Dass aber, sollte sich das Augenmerk der USA auf den Irak richten, Israel es aus Rücksicht auf die arabischen Alliierten der USA noch einmal ohne Gegenschlag hinnehmen wird, dass Scuds in seinen Städten einschlagen, ist unwahrscheinlich. Seitdem aber in Afghanistan der Hauptfeind ausgemacht ist, redet man hier zum ersten Mal wieder ernsthaft von einem möglichen Frieden mit den Palästinensern.