PR-Berater in der Politik

Die Schlimmsten der Schlimmen

Wendige PR-Berater und Lobbyisten beeinflussen im Auftrag von Regierungen und Revolutionären die öffentliche Meinung.

Es gibt E-Mails, von denen man sich wünscht, sie niemals losgeschickt zu haben. So erging es wohl auch Jo Moore, einer begnadeten PR-Beraterin von Großbritanniens Premierminister Tony Blair, am 11. September des vergangenen Jahres. Bemüht um eine rasche Reaktion auf den spektakulärsten Terroranschlag der jüngeren Geschichte und um einen griffigen Einstieg in ihren PR-Text, ließ sie den wichtigsten politischen Journalisten des Inselreiches eine Pressemitteilung zukommen, die mit folgenden denkwürdigen Worten begann: »Das ist heute ein guter Tag, um all unsere schlechten Nachrichten an die Öffentlichkeit zu bringen.« Die hoch bezahlte Managerin hatte sich da wohl im Ton vergriffen und den schlechten Ruf, den ihre Branche bei Journalisten hat, noch weiter ruiniert.

Eine Umfrage des britischen Meinungsforschungsinstituts Echo Research ergab nun, dass das Vertrauen britischer Journalisten in die argumentative Akrobatik diverser Spin-Doktoren erheblich gesunken ist. Am häufigsten, so recherchierte Echo Research, ordnen geplagte Journalisten den Öffentlichkeitsarbeitern folgende Begriffe zu: »Drecksäcke«, »gefühllos«, »manipulativ«, »Scharlatane«, »schleimig«. Womit bewiesen ist, dass die Journalisten auf den britischen Inseln in etwa über das gleiche Gefühlsgeflecht verfügen wie jene auf dem Kontinent.

Aber nicht nur Tony Blair bedient sich kommerzieller Wahrheitsmakler, in den Staatskanzleien zwischen Washington und Kabul hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein anständiger Krieg oder eine bedrohliche Krise ohne privatisiertes Opinion Engineering nicht mehr durchzustehen ist. So hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schon kurz nach dem Beginn des »Kriegs gegen den Terror« und dem Angriff auf das Taliban-Regime in Afghanistan ein Büro für strategische Beeinflussung gegründet. Monatelang durchforsteten die regierungseigenen PR-Manager rund 7000 Medien nach Stories über den US-Feldzug, die für eine Imagekampagne taugten.

Die nötige professionelle Unterstützung kam von der US-amerikanischen PR-Agentur Rendon Group, denn sie hatte die nötige Erfahrung mit der medialen Flankierung diverser Feldzüge der Vereinigten Staaten. So zeichnete sie für die Öffentlichkeitsarbeit während der Besetzung der Karibikinsel Grenada verantwortlich und ließ die Besetzung Panamas samt anschließender Inhaftierung des widerspenstigen Generals Manuel Noriega zum Anti-Drogen-Feldzug mutieren.

Auch in der arabischen Region kennt sich die Rendon Group inzwischen ganz gut aus, denn ihre wertvolle Medienmanipulation ließ sie der US-Regierung auch während der Operation Desert Storm im Jahre 1991 angedeihen - der Sage nach für 100 000 US-Dollar pro Monat. Referenzen ohne Grenzen also und ein Leistungsportfolio, gegen das Uwe Carsten Heyes mediale Glanzleistung - die Entdeckung zweier ostdeutscher Halbcousinen Schröders - ziemlich hausbacken wirkt.

Die Rendon Group vertrat auch den umstrittenen Chemie-Konzern Monsanto, denn erst ein Kundenstamm, zu dem sowohl private Unternehmen als auch Regierungen zählen, macht das fröhliche Treiben einer halbwegs professionellen PR-Agentur rentabel. Als Geburtshelferin einer genehmen öffentlichen Meinung kam die Rendon Group auch bei der Operation »Krieg gegen den Terror« auf ihre Kosten. 3500 US-Dollar wanderten täglich auf das Konto des Unternehmens, bis Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den PR-Feldzug vor einem Monat offiziell stoppte.

Allerdings zweifeln Medienexperten daran, dass die Kampagne tatsächlich zu Ende ist. Vielmehr wird angenommen, dass die Rendon Group nun allein verantwortlich für mediale Belange ist und dass lediglich das regierungseigene Büro für strategische Beeinflussung dicht gemacht werden musste. Schließlich gilt eine ordentliche PR-Kampagne schon dann als verloren, wenn ruchbar wird, dass es sich um eine PR-Kampagne handelt. »PR ist am besten, wenn sie unsichtbar ist«, sagt John Stauber, der schon 1995 in den Vereinigten Staaten mit dem Buch »Lügen und die PR-Industrie« Aufsehen erregte.

Während die Rendon Group 1991 im Golfkrieg die US-amerikanischen Interessen vertrat, angelten sich die ihrer Unabhängigkeit beraubten Kuwaitis eine andere US-amerikanische PR-Firma: Hill & Knowlton verdiente knapp 11 Millionen US-Dollar mit seiner Kampagne für ein freies Kuwait. Allerdings machten die findigen Strategen einen peinlichen Fehler. Im US-Fernsehen ließen sie eine »völlig unbeteiligte Frau« auftreten, die gesehen haben wollte, wie irakische Soldaten kuwaitische Babys in Krankenhäusern aus ihren Brutkästen nahmen und die zu früh Geborenen »hilflos auf dem kalten Boden« krepieren ließ. Eine furchtbare Geschichte, ein grandioser Coup, doch leider leisteten sich die Spin-Doktoren einen groben Fehler beim Casting der »völlig unbeteiligten Frau«. Sie entpuppte sich wenig später als Tochter des kuwaitischen Botschafters in den Vereinigten Staaten. Der US-Kongress selbst widerlegte die Gruselgeschichte in einer Untersuchung. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie allerdings bereits ihre beabsichtigte Wirkung in der Öffentlichkeit getan. Zu einem Umschwung in der öffentlichen Meinung führte die Aufdeckung der Lüge auch nicht. Die Presse meldete den Skandal kurz und knapp, und die Sache war erledigt.

Ideologische Barrieren kennt die Branche nicht, denn im Paralleluniversum der PR-Menschen fühlt man sich strikt dem betriebswirtschaftlichen Ziel verpflichtet und verfährt äußerst großzügig mit den eventuellen Schwachpunkten im Lebenslauf der Auftraggeber. »Wir arbeiten in der Wirtschaft, und unser Maßstab sind betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten. Wir haben also nichts zu tun mit fragwürdigen Aktivitäten der argentinischen Regierung in Menschenrechtsangelegenheiten«, meinte Harold Burson, Gründer der britischen Agentur Burson-Marsteller, die die PR für die argentinische Militärjunta in den siebziger und achtziger Jahren übernahm. Zu seinen Kunden gehört auch einer, dem selbst die beste Imagekampagne letztlich nichts nützte: Nicolae Ceausescu, rumänischer Diktator und seit dem 27. Dezember 1989 mausetot.

Ideologiefrei agiert in Großbritannien auch die Agentur Bell Pottinger. Jahrelang sorgten die Londoner Spin-Doktoren für die nötige öffentliche Huldigung der eisernen Lady Margaret Thatcher. Diese betätigte sich 1999 auch gleich als Vermittlerin eines Deals mit dem in Großbritannien festgehaltenen ehemaligen chilenischen Diktator Augusto Pinochet, der sich die öffentlichkeitswirksame Fürsorge in seinem unfreiwilligen britischen Exil glatt 200000 Pfund kosten ließ. Dass man zuerst Margaret Thatcher und dann Augusto Pinochet vertritt, mag nicht weiter verwundern. Weniger konsequent aber ist da schon die PR-Arbeit von Bell Pottinger für Slobodan Milosevic, als er noch Jugoslawien beherrschte.