Jubiläum der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft in Hamburg

Wenn Generäle feiern

Seit 40 Jahren betreibt die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft »konservative Bildungsarbeit« im »vorpolitischen Raum«. In diesem Jahr steht ein Jubiläum an.

Eine Jubiläumsfeier hat die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V. (SWG) nicht angekündigt. Noch nicht. Schließlich hat die SWG allen Grund zum Feiern. Denn in diesem Jahr begeht der rechtskonservative Verein sein 40jähriges Jubiläum. Wenn die große Party dann steigt, wird man wohl nicht allzu viel davon mitbekommen. Die Veranstaltungen der Gesellschaft um den Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler darf nämlich nur besuchen, wer eine Einladung vorzeigen kann.

Seit ihrer Gründung 1962 bemüht sich die als gemeinnütziger Verein in Hamburg eingetragene SWG um die »konservative Bildungsarbeit« im »vorpolitischen Raum«. Mit Erfolg. »Profilierte Politiker, hohe Militärs, Wissenschaftler der verschiedensten Disziplinen haben in unseren Veranstaltungen gesprochen«, bilanzierte die bundesweit tätige Gesellschaft schon vor 15 Jahren, als sie ihr 25jähriges Jubiläum feierte. So ist es bis heute geblieben.

In Hamburg versuchte der SWG-Regionalleiter Oberst a.D. Manfred Backerra, neben einer Reihe anderer einschlägig bekannter Prominenter im Jahre 1999 auch den Rechtspopulisten Ronald Schill als Redner zu gewinnen. Doch als der geplante Auftritt öffentlich bekannt wurde und überdies das Landesamt für Verfassungsschutz einräumte, dass »personelle Überschneidungen (der SWG) zu rechtsextremistischen Organisationen bekannt« seien, sagte Schill seinen Vortrag über »die Qualität und Probleme unseres Rechtsstaates« kurzfristig ab.

Dagegen ließ sich der Brigadegeneral und frühere Befehlshaber der deutschen Kfor-Einheiten im Kosovo, Helmut Harff, von den öffentlich bekannt gewordenen »personellen Überschneidungen« nicht abschrecken und sprach bei der SWG-Hamburg ebenfalls 1999 über die »militärische Friedenssicherung«.

Seit dem vergangenen Jahr finden die Abendveranstaltungen der hanseatischen SWG, zu denen auch mal über 100 Gäste kommen, im Haus der Burschenschaft Germania Königsberg statt. Der »schlichte Stil« des Hauses und die »Bewirtung«, so Manfred Backerra, böten »Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen«. Die »Vaterlandsliebe« der Hausherren, lässt der ehemalige Dozent für militärisches Nachrichtenwesen an der Führungsakademie der Bundeswehr Mitglieder und Förderer wissen, passe zu den Grundvorstellungen der Veranstalter.

Die Gesellschaft legt aber nicht nur Wert auf ein exklusives Image, sondern auch auf eine moderate Positionierung. Nur selten offenbaren Mitglieder und Gäste der SWG, was sie unter »konservativ« verstehen. Mitte der neunziger Jahre wurde Richard Pemsel, der mit Publikationen wie »Hitler - Revolutionär, Staatsmann, Verbrecher?« bekannt wurde, bei einer SWG-Veranstaltung einmal deutlicher.

Der freie Publizist erklärte, dass nicht Deutschland, nicht Hitler, nicht die NSDAP und auch nicht die Industrie schuld am Zweiten Weltkrieg gewesen seien, er wies die »konstruierte und indoktrinierte Schuld« weit von sich. Das »Büßerhemd« müsse abgelegt werden.

Die Botschaft gefiel. Und auch die Feindbestimmung kam damals beim Publikum gut an: Schuld an dem geringen Selbstbewusstsein seien Konservative wie Heiner Geißler, Liberale und Linke, insbesondere die 68er. Allein die »erwachenden wahren Konservativen«, könnten das »deutsche Selbstbewusstsein« wieder erwecken.

Außer Veranstaltungen, die für Volk und Vaterland werben, bietet die SWG auch Seminare an, in denen die »Stellung der Frau« und der Verlust der »Mütterlichkeit« angeprangert werden, sowie Studienfahrten, um die »Heimat« und deren Geschichte kennen zu lernen.

Die vermeintlich konservative Gesellschaft wurde am 9. April 1962 in Köln vom ehemaligen Chefredakteur des Deutschen Wortes, Hugo Wellems, gemeinsam mit dem damaligen CDU-Abgeordneten Arthur Mißbach gegründet. Die Herren sorgten sich schon früher um das rechte Bewusstsein. Mißbach erwarb als NSDAP-Mitglied das »Goldene« Parteiabzeichen, und Wellems arbeitete als Referent im Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Bis zu seinem Tod 1995 war der einstige Pressereferent von Joseph Goebbels nicht nur SWG-Vorsitzender, sondern auch Chefredakteur des Ostpreußenblattes.

Die Verbindungen zur Wochenzeitung der Landsmannschaft Ostpreußen brachen auch nach dem Ableben des Vorsitzenden nicht ab. Das Referat Öffentlichkeitsarbeit der SWG, das jährlich das Deutschland-Journal mit ausgewählten Zeitschriftenbeiträgen und Referaten veröffentlicht, hat dieselbe Anschrift wie die Redaktion des Ostpreußenblatts. Eng verbunden ist die SWG auch mit der rechtsextremen Jungen Freiheit. Mal versendet die Gesellschaft Beiträge aus der JF, mal weist die Zeitung auf Veranstaltungen der Vereinigung hin.

Nach Wellems' Tod übernahm Reinhard Uhle-Wettler den Vorsitz der SWG und hält die alten Beziehungen aufrecht. Der Brigadegeneral a.D., der regelmäßig über das »US-amerikanische Umerziehungsprogramm für die besiegten Deutschen« klagt, knüpfte zusätzlich Kontakte zu der neofaschistischen Gesellschaft für Freie Publizistik.

Daneben unterhält die SWG auch Kontakte zum rechten Rand der CDU/CSU, den Vertriebenenverbänden und rechtsextremen Kreisen. Auch unter den Referenten, »stets hochrangige Repräsentanten des Öffentlichen Lebens, Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Militärwesen«, wie es beschönigend in einer Selbstdarstellung heißt, finden sich alte und neue Rechte wie Alexander Evertz und Klaus Motschmann oder Alfred Mechtersheimer und Armin Mohler. Sie alle eint der alte Grundsatz der SWG. Man wolle »einen Beitrag zur Festigung eines gesunden Gemeinwesen leisten, um zu verhindern, dass Deutschland zum Experimentierfeld von Kräften wird, die die Substanz unseres Volkes (...) bedrohen«.

Auf der SWG-Website heißt es etwas zeitgemäßer: »Wir informieren (...) über brisante politische, soziale und wirtschaftliche Themen, die allen Bürgern auf den Nägeln brennen.«