Toter Hooligan in Schweden

Noch ein Fiasko

Sucht man in den Internetarchiven schwedischer Zeitungen nach dem Begriff Hooligan, findet man nichts. Denn Hooligans heißen dort »Huligans«, und sie brachten es jüngst zu einiger Beachtung, weil es bei einer verabredeten Schlägerei zwischen Hools des IFK Göteborg und Anhängern Stockholms einen Toten gab.

Der 26jährige Tony, ein Stockholmer Mitglied der Göteborger Wisemen, wurde mit schweren Schädelverletzungen im Högalid-Park gefunden. Er und mindestens 20 weitere Wisemen hatten sich dort zuvor mit den Stockholmer Firman verabredet. Ein Treffen, das beide Gruppen herbeisehnten, schließlich war »das Vorjahresmeeting in Göteborg völlig ereignislos abgelaufen«, wie die IFK-Hools sich auf ihrer Homepage zuvor beschwerten.

Im Jahr 2000 habe es für die Wisemen zudem »ein Totalfiasko gegeben, aufgrund eines Kamikazeanfalls. Damals gingen wir mit zehn Mann auf 30, 40 Stockholmer los, was damit endete, dass einer von uns bewusstlos zurückblieb und auf den Titelseiten der Zeitungen landete.«

Daraus schienen die meisten Wisemen gelernt zu haben. Als sie wieder einer Übermacht gegenüberstanden, liefen sie weg. Einzig Tony schaffte es nicht mehr, er wurde nach Polizeiberichten geschlagen, getreten, »und mehrere Personen trampelten schließlich auf seinem Kopf herum«.

Dieses Ausmaß an Gewalt wurde selbst einigen Firman-Angehörigen zu heftig. Sie versuchten, die anderen aufzuhalten, einer leistete dem Verletzten erste Hilfe. Zu spät: Nach einigen Tagen im Koma wurde Tony von den Ärzten für hirntot erklärt. Sein Vater wandte sich anschließend an alle Fans. Er wolle weder wissen, was genau passiert noch wer für den Tod seines Sohnes verantwortlich sei, er wolle einfach nur, dass die Gewalt ende.

Gewalt hat in Schweden eine lange Traditon. Die ersten dokumentierten Ausschreitungen beim Fußball ereigneten sich 1918. Das Team von Örgryte spielte gegen das Nationalteam der USA; nach dem 2:1 der Amerikaner attackierte das Publikum die gegnerischen Sportler. Mehr als 50 Jahre später sprach die Zeitung Aftonbladet von einer »Europäisierung« der schwedischen Fanszene, die auf die Samstags im TV gezeigten Spiele der englischen Liga zurückzuführen seien: »Die Stimmung auf den Rängen gleicht sich der in Europa an, aber leider auch die Gewalttätigkeit.«

1991 gründeten sich nach dem Vorbild von West Hams Inter City Firm bereits die Firman Boys. Hooligans anderer Vereine folgten dem Beispiel, Gewalt nach Fußballspielen ist in Schweden mittlerweile alltäglich.

In der Öffentlichkeit versucht man jedoch auch nach dem Tod von Tony, das Problem mit bekannten Argumenten zu verdrängen. Simon Bank von der Zeitung Sportbladet wies auf das häufigste Missverständnis hin: »Die Hooligans haben nichts mit Fußball zu tun? Das stimmt nicht. Die Hooligans haben nur nichts mit unserem Fußball zu tun, sie sind nicht Teil der wunderbaren neuen Supporter- und Fußballwelt, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Erst wenn wir das eingesehen haben, können wir etwas gegen sie unternehmen.«