Schalke 04 und Jürgen W. Möllemann

Unter Aufsicht

Bei Schalke 04 ist man sich einig. Wenn er sich nicht strafbar gemacht hat, bleibt Jürgen W. Möllemann Mitglied des Aufsichtsrats des Vereins. Zumindest bis sein Mandat endet, das ist im Jahr 2004. »Politik ist nicht unser Geschäft, die Geschichte Möllemann hat mit uns nichts zu tun«, dekretierte der Manager Rudi Assauer schon vor zwei Wochen, als im Klubheim beim lockeren Plausch mit Journalisten die Frage aufkam, ob Schalkes bekanntestes Aufsichtsratsmitglied eine Belastung für den Klub sei.

Von Assauer hatte man nichts anderes erwartet. Solange kein offiziell in Auftrag gegebenes Gutachten oder ein Gericht erklärt, dass Möllemann ein Antisemit ist oder dass er gegen das Gesetz über die Parteienfinanzierung verstoßen hat, wird Assauer alle Einwände gegen den Schalker Möllemann harsch abwehren oder versuchen, sie ins Lächerliche zu ziehen.

Exakt so, wie er es schon im letzten Herbst vorführte. Damals polterte er, wenn die Gelsenkirchener Ratsherren einer Fritz-Szepan-Straße ihre Zustimmung verweigerten, werde man ein vereinseigenes Haus mit dem großen Namen schmücken und »einige transportable Dixie-Toiletten« davorstellen, »die wir dann nach Politikern dieser Stadt benennen«.

Das Schalker Idol Szepan erwarb 1938 äußerst günstig ein Kaufhaus, das vordem im Besitz von Gelsenkirchener Juden war. Erst als ein wissenschaftliches Gutachten dies bestätigte, gab »der letzte Macho der Bundesliga« (Bild-Zeitung) nach.

Doch auch die kleinen Schalker beunruhigt das Aufsichtsratsmitglied Möllemann nicht. Bodo Berg, der Leiter des Fanprojekts »Dem Ball ist egal, wer ihn tritt«, das auch das Fanzine Schalke Unser herausgibt, sieht keinen Handlungsbedarf. »Wir werden uns an dieser Inquisition nicht beteiligen«, erklärt er der Jungle World. Möllemanns Postwurfsendung an alle Haushalte zeuge zwar von schlechtem Stil, dennoch sei seine Kritik an Ariel Sharon und der »Unterdrückung des palästinensischen Volks« legitim. Bei den Fans sei Möllemann allenfalls deshalb unbeliebt, weil er »der Totengräber der Zechen im Ruhrgebiet ist«.

Diesen Befund teilt der Vorsitzende des Dachverbandes der Fanklubs des FC Schalke 04 und deren Vertreter im Aufsichtsrat, Rolf Rojek. Auf die Frage, ob sich keiner auf Schalke an Möllemanns antisemitischen Attacken störe, antwortet er knapp: »Jeder hat seine eigene Meinung.« »Fünf, sechs, im Höchstfall 15 kritische Zuschriften« gingen nach Angaben des Pressesprechers Gerd Voß in den letzten drei Monaten zum Fall Möllemann in der Schalker Geschäftsstelle ein; bei 40 000 organisierten Fans nicht gerade viel. Es werde über vieles gemeckert, sagt Rojek, »manch einem passt nicht, dass Schalke-Geschäftsführer Peter Peters in Dortmund wohnt«.

Die Schalker sind sich einig. Sport hat nichts mit Politik zu tun. Warum sie dann aber ihren Antirassismusparagrafen, auf den sich viele Fans gern berufen, nicht aus der Satzung streichen, bleibt ein Geheimnis in Königsblau.