Alles wird schlechter, weil …

… nicht nur Köln, sondern womöglich bald auch Österreich von einer schwarz-grünen Regierung geführt wird. Warum regt sich niemand darüber auf? Nun, die Empörungsressourcen sind wohl schon vor Jahren versiegt, ausgetrocknet ist das einst artenreiche Saumbiotop, aus dem früher bei jedem Fehltritt der Grünen die Analysen sprossen.

Dabei weiß man seit den mittleren Achtzigern, dass die Grünen kein linksradikales, sondern ein bürgerliches, bestenfalls bürgerrechtliches Projekt geworden sind, dessen zentrale Funktion darin besteht, die Regierungsfähigkeit der Sozialdemokratie zu erhalten. Alles Entsetzen darüber, dass die Grünen sich so verhalten, wie ihre linken Kritiker es immer schon vorausgesagt haben, ist nicht sehr gegenstandsreich.

Neu ist aber, dass sie nun auch diese Funktion aufgeben wollen. Die Grünen sind ja nicht nur viel gehasste Promis mit einem punktuell schon länger CDU-kompatiblen Parteiprogramm. Es sind auch Heinrich-Böll-Stiftungen und lokale Klüngel, die in der Provinz Schlimmeres verhüten oder auch mal ein antirassistisches Projekt fördern. Man kann die Sozialdemokratie unangenehm, widerwärtig und vor allem hässlich finden, die CDU aber ist böse, die ÖVP der ehemalige Koalitionspartner von Neofaschisten.

Über eher ästhetische Antipathien geht der Sinn für kleine, aber relevante Unterschiede verloren. Nur die Differenziertheit einer Gesellschaft, die aus mindestens zwei – natürlich längst weitgehend konvergenten – politischen Lagern besteht, steht aber im Alltag noch symbolisch gegen den totalen Pragmatismus.

diedrich diederichsen