Auf nach Europa!

Transatlantischer Ärger von carlos kunze

Prima Sache – ein »Alternativ-Plan der Franzosen und Deutschen« (Spiegel) soll den Frieden am Golf retten. Mehr Inspektoren, UN-Blauhelme unter Beteiligung deutscher Truppen mit einem »robusten Mandat«, und die Yankees sollen das Ganze mit ihren Truppen absichern, großzügig wird ihnen eine Statistenrolle am Golf vorgeschlagen.

Aber wen sollen die Blauhelme schützen? Saddam Husseins Regime vor den Amis und zugleich vor seiner rebellierenden Bevölkerung? Die UN-Inspektoren vor feindlich gesinnten irakischen Truppen in einer Stärke von etwa 400 000 Soldaten? Wie viele Blauhelme bräuchte man dafür wohl? Ein exzellenter Vorschlag.

Der Zweck der Übung? Demonstrieren, dass die Bundesregierung nicht so isoliert dasteht, wie es US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit seinem Diktum von »Libyen, Kuba, Deutschland« nahe legte? Oder in einen offenen Machtkampf mit dem transatlantischen Verbündeten von gestern, den Vereinigten Staaten, eintreten? Es scheint um beides zu gehen. Die US-Administration erfuhr aus der Presse von Schröders Idee, nach Angaben des Spiegel wurden hingegen Russland, China und Griechenland »schrittweise eingeweiht«.

Die französische Regierung ging zwar am Wochenende vorsichtig auf Distanz. Das Außenministerium dementierte am Sonntag: Ein »deutsch-französischer Geheimplan« existiere nicht. Insbesondere könne es nicht darum gehen, Blauhelme zur Entwaffnung des Irak einzusetzen, was in der Uno-Resolution 1441 nicht vorgesehen ist, erklärte ein Diplomat aus Frankreich der Nachrichtenagentur AFP.

Aber den »kriegslüsternen Yankees« kann man auch anders in die Suppe spucken. Nun weitet sich der Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und dem »europäischen Motor« Frankreich und Deutschland auf die Nato aus. Dafür wurde Belgien angeheuert. Beistand für das Nato-Mitglied Türkei für den Fall eines Irakkriegs? Nichts da. Belgien und Frankreich legten am Montag im Nato-Rat ihr Veto ein.

Gleichzeitig gewinnt ein neues Spiel in Deutschland an Dynamik. Jeder gegen jeden, scheint die Devise zu sein. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel gegen den CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber, Außenminister Joseph Fischer gegen Kanzler Gerhard Schröder, der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann gegen Schröder (»stümperhafte Handhabung der deutschen Außenpolitik«). Die so genannten Atlantiker beharken sich mit den Protagonisten von Schröders »deutschem Weg«.

Auch der deutsche militärisch-industrielle Komplex wird ungehalten über den Regierungskurs, weil dem Rüstungskonzern Krauss-Maffei-Wegmann in der vergangenen Woche ein dicker Fisch entwischte: die führende Rolle bei der Entwicklung eines neuen Panzers für die US-Armee, Auftragsvolumen rund vier Milliarden Dollar in den nächsten vier Jahren.

Aber ersatzweise bahnen sich neue Allianzen an, glaubt man der russischen Zeitung Iswestija: »Frankreich und Deutschland basteln an einem eurasischen Imperium. Dieses Angebot müssen wir genau prüfen. Jetzt können auch russische Patrioten mit Inbrunst sagen: ›Auf nach Europa!‹«