Mein lieber Scholli

ich-ag der woche

Für Reinhard Mohr vom Spiegel ist er der »Allah-sei-mit-uns der deutschen Publizistik«. Tatsächlich erklärt Peter Scholl-Latour wie kein Zweiter den Deutschen die Welt so, wie sie sie sehen wollen. Donald Rumsfeld habe mit seinen jüngsten Äußerungen die »nationale Würde« der Deutschen verletzt, sagt Scholl-Latour. »Wir sind keine Vasallen der USA.« Dennoch versteht der wortgewandte Zyniker sich mit feindlichen Falken wie dem US-amerikanischen Militärexperten Richard Pearle besser, als mit Leuten, die er für 68er hält. Wenn Renate Künast (Grüne) neben ihm sitzt, wie in der vorigen Woche in der Fernsehsendung »Berlin-Mitte«, wirkt sie wie eine Gymnasiastin, die ihre Hausaufgabe in Erdkunde nicht gemacht hat.

Schließlich berichtet er schon seit Jahrzehnten von Massakern aus aller Welt. Der Regisseur Martin Baer dokumentierte in seinem Film »Befreien Sie Afrika« eine Fernsehübertragung mit Scholl-Latour aus dem Jahre 1964. Scholl-Latour sprach über die Rebellen im Kongo. »Sie sind unberechenbar wie wilde Tiere. Einmal streiten sie, einmal lachen sie. Immer sind sie gefährlich.« Es habe auch Verwundete gegeben, aber »das führen diese primitiven Gestalten auf eine falsche Anwendung des Zaubers zurück«.

Scholl-Latour überlebte auch diesen gefährlichen Auftrag. Aber »was wir in Albertville erlebt haben, das war der Rückfall in die Bestialität, der Rückfall in die finsterste Steinzeit«. Zum Glück gibt es Aufklärer wie ihn, die das Licht der Vernunft zur besten Sendezeit ins deutsche Wohnzimmer tragen.

stefan wirner