Nachrichten

Putin hält das Gleichgewicht

Russland. Natalie Nougayrède, die Sonderkorrespondentin von Le Monde in Tschetschenien, beschrieb am Freitag in einem Beitrag mit dem Titel »Die russische Armee hält Tschetschenien mit Terror und Folter« die verheerenden Zustände. Während der Kreml verbreitet, die Situation in der Kaukasusrepublik habe sich weitgehend »normalisiert«, sei ein systematischer Einsatz von Folter in den russischen Militärbasen zu verzeichnen. Nach Angaben der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial wurden zwischen dem Juni 2000 und dem Ende des Jahres 2001 mehr als 1 200 Opfer summarischer Exekutionen der russischen Armee identifiziert, für 2001 liegen etwa 700 Namen vor. Memorial konnte aber lediglich auf 30 Prozent des tschetschenischen Territoriums recherchieren.

Der Konflikt sei mittlerweile ein wichtiger Baustein des komplexen Machtgefüges in Russland, schreibt Nougayrède. Da der russische Präsident Wladimir Putin gehalten sei, ein Gleichgewicht im Zentrum des Dreiecks aus Oligarchen, Regionalbaronen und »Sicherheitsstrukturen« (Armee, Polizei, Geheimdienste) zu halten, scheine Putin die Verlängerung des Krieges als ein Druckmittel gegenüber den einen wie den anderen zu sehen. Die Geheimdienste und die Armee können durch Enthüllungen über den schmutzigen Krieg in Bedrängnis geraten. Der Geheimdienst FSB hat aber auch seine Leute in den Verwaltungen des Staates und den großen Unternehmen der Oligarchen platziert, wodurch Putins Einfluss auch dort wächst.

Willkommen im Club

Indien. Manchmal sind die USA wirklich schneller als das »alte Europa«. Kurz vor der Ankunft des französischen Premierministers Jean-Pierre Raffarin, der Indien zum Kauf von Kampfflugzeugen des Typs Mirage 2000 überreden wollte, legte der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin Anfang Februar ein Angebot für die Modernisierung der indischen Luftwaffe vor. F-16-Kampfjets und C-130-Transportflugzeuge sollen in Indien gefertigt werden, das zudem zur Teilnahme am Projekt Joint Strike Fighter zur Entwicklung eines neuen Kampfflugzeuges eingeladen wurde. Um der indischen Regierung die Annahme des Angebots zu erleichtern, hob die US-Regierung Mitte der vergangenen Woche die Beschränkungen für den Export von Waren auf, die für zivile und militärische Zwecke benutzt werden können.

Entsprechende Sanktionen gegen Pakistan, die 1998 nach den Atomtests beider Staaten verhängt worden waren, wurden bereits im November 2001 aufgehoben. Beide Staaten wurden damit inoffiziell in den Club der Atommächte aufgenommen und erfreuen sich nun wieder der besonderen Aufmerksamkeit der internationalen Rüstungsindustrie.

Pläne für alle Eventualitäten

Nordkorea. Der Staatschef Kim Jong-il dürfte seine Lehren aus dem Erfolg der nuklearen Aufrüstung Indiens und Pakistans gezogen haben. Auch die US-Doktrin des Präventivkrieges scheint ihm zu gefallen. »Präventivschläge sind kein exklusives Recht der USA«, erklärte Ri Pyong Gap, der Sprecher des nordkoreanischen Außenministeriums, am Donnerstag der vergangenen Woche der britischen Tageszeitung The Guardian.

Auf die offizielle nordkoreanische Erklärung, der Atomreaktor und die Laboratorien in Yongbyon arbeiteten nun wieder mit voller Leistung, hatte die US-Regierung mit der Ankündigung reagiert, ihre Truppenpräsenz in der Region zu verstärken. Ari Fleischer, der Sprecher des Weißen Hauses, warnte Nordkorea, dass die USA ungeachtet des Irak-Konflikts »robuste Pläne für alle Eventualitäten« hätten. Dazu scheint auch die Kürzung der UN-Nahrungsmittelhilfe zu gehören, für die die USA und Japan nach Angaben des Guardian derzeit nicht bezahlen wollen. Die Rationen für Schulkinder wurden von 500 auf 300 Gramm herabgesetzt. »Wir sind nicht beunruhigt, auch wenn wir keine Nahrung bekommen«, so Ri Pyong Gap.

Explosion in Bogotá

Kolumbien. »Es war eine gewaltige Explosion – ich dachte, draußen sei ein Flugzeug abgestürzt«, sagte ein Augenzeuge. In dem exklusiven Club Nogal in Bogotá, der von Kolumbiens politischem Establishment und ausländischen Diplomaten frequentiert wird, kamen mindestens 25 Menschen ums Leben, mehr als 150 wurden verletzt. Die Polizei geht von einem Sprengstoffanschlag aus, möglicherweise sei ein mit einer Bombe beladenes Auto im Parkdeck des dritten Stocks des Gebäudes abgestellt worden. Einige Stunden zuvor erklärte General Teodoro Campo, der Leiter der nationalen Polizei, seine Polizisten hätten eine Reihe geplanter Bombenattentate verhindert.

Die Autoritäten vermuten eine Urheberschaft der linken Guerillagruppe Farc. Sollte sich das bestätigen, wäre klar, dass das kolumbianische Establishment im Fadenkreuz der Farc gelandet ist.

Robuste Intervention

Philippinen. Deutsche Friedenskämpfer sind auch im Urlaub immer im Einsatz. Der Frieden aber bedarf hin und wieder einer robusten Intervention gegen uneinsichtige Kriegstreiber. So geriet Frank Österle in Moalboal in einen Streit mit dem US-Amerikaner John Philip Flynn. Nachdem Flynn erbost auf den Vergleich seines Präsidenten mit Hitler reagiert und die pulverisierende Wirkung amerikanischer Waffensysteme gepriesen hatte, eskalierte die Debatte. Österle zog ein Messer, sein Kontrahent befindet sich nun im Krankenhaus und er selbst im Polizeigewahrsam. Henry Obiso, Polizeichef von Moalboal, gab sich Anfang der vergangenen Woche pädagogisch: »Ich ermahnte sie, exzessives Trinken zu vermeiden und solche delikaten Themen ihren Regierungen zu überlassen.«