Schmidts Kunstfehler

Pläne zur Gesundheitsreform von kai-uwe helmers

Die Stärkung der Patientenrechte und die Offenlegung der Gehälter bei den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung mögen positive Ansätze sein. Dennoch deuten die Pläne zur bevorstehenden Gesundheitsreform, die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in der vergangenen Woche verkündete, vor allem auf die Zerstörung des solidarischen Systems der Krankenversicherung hin.

Absurd ist, dass mit mehr Wettbewerb eine höhere Qualität im Gesundheitswesen erreicht werden soll. Mag Konkurrenz im paramedizinischen Bereich, also zum Beispiel beim Handel mit Medikamenten, nicht unbedingt schaden, bei der Behandlung der Patienten und Patientinnen hat sie fatale Folgen. Die individuelle Zuwendung zum Beispiel für Patienten mit sozialen Problemen ist zeitaufwändiger und deshalb auch teurer. Ein größerer Wettbewerbsdruck wird dazu führen, dass sie nicht mehr ausreichend versorgt werden können.

Die Fallpauschalen, nach denen die Krankenhäuser bereits abrechnen – es wird die Blinddarmoperation bezahlt, nicht die individuelle Betreuung einer Patientin mit entzündetem Blinddarm –, sollen jetzt auch bei den niedergelassenen Fachärzten eingeführt werden. Doch auch sie können eine angemessene medizinische Versorgung nur individuell festlegen, und die Kosten sind davon abhängig.

Auch die weiteren Pläne können gefährliche Folgen haben. So ist die Frage des Datenschutzes bei der elektronischen Gesundheitskarte ungeklärt. Das Bonussystem für Menschen, die zu Vorsorgeuntersuchungen gehen, wird leicht zur Gesundheitspflicht. Die gestärkte Position der Hausärzte kann dazu führen, dass der notwendige Gang zum Spezialisten vor Gericht erstritten werden muss.

Welche Interessen von Ulla Schmidt wahrgenommen werden, ist nicht schwer zu erkennen. Seit zwei Jahren werden immer mehr öffentliche Krankenhäuser privatisiert. Die Folgen sind zum Beispiel niedrigere Löhne, ein höherer Leistungsdruck und auch eine zunehmende (Kunst-)Fehlerhäufigkeit.

Die gute Zusammenarbeit des Gesundheitsministeriums mit der privaten Wirtschaft wird schon an personellen Verflechtungen deutlich. So ist Schmidts Berater Karl Lauterbach nicht nur Mitglied des Sachverständigenrates und der Rürup-Kommission, sondern auch Aufsichtsratsmitglied der Rhön-Kliniken AG, einer privaten Krankenhauskette. Der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder, war ebenfalls bis vor kurzem in der Geschäftsleitung des Rhön-Konzerns tätig.

Der Weg ist frei für einschneidende Maßnahmen, weil ein Konsens darüber herrscht, dass reformiert werden muss. Es ist nichts Gutes zu erwarten von der Rürup-Kommission, die im Mai Vorschläge zur Verbesserung der Einnahmen der Krankenkassen machen wird. Dazu sagt Lauterbach: »Eine Rationierung wird notwendige Folge der Mittelbegrenzung sein. Unter dieser Annahme impliziert eine als gerecht empfundene Mittelverteilung, dass bestimmte Personen von einer optimalen Versorgung ausgeschlossen werden.«

Die Vorschläge der Rürup-Kommission werden ungefähr auf das hinauslaufen, was auch der ehemalige Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) plant: eine höhere Selbstbeteiligung, einen stark reduzierten Leistungskatalog der Kassen und das Ende der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherungen durch die Arbeitenden und die Unternehmer. Ulla Schmidt hat schon angedeutet, dass sie mit der Union verhandeln will.