Staatenbund ohne Staaten

Konferenz der Afrikanischen Union von alex veit
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Während das internationale System um die Vereinten Nationen angesichts des bevorstehenden Irakkrieges kurz vor der Implosion steht, hat die Afrikanische Union (AU) in der vergangenen Woche die Gründung eines Sicherheitsrats beschlossen, ausgerechnet nach dem Vorbild der Vereinten Nationen. Das neue Organ soll militärische Interventionen beschließen können und möglicherweise sogar über eigene Truppen verfügen. Die zahlreichen Kriege auf dem Kontinent sollen in Zukunft ohne Hilfe von außen beendet werden. Doch die Idee, ein neues regionales Staatensystem zu errichten, hat einen entscheidenden Fehler. In immer mehr Ländern Afrikas zerfallen die staatlichen Strukturen.

Als vor fast zehn Jahren die ruandische Regierung Hunderttausende ihrer Bürger ermorden ließ, griff kein afrikanisches Land ein. Als der Genozid schon fast beendet war, schickte Frankreich Soldaten, um eine »humanitäre Zone« einzurichten, die aber vielen Massenmördern die Flucht ermöglichte.

Der formale Grund für die damalige Untätigkeit der afrikanischen Staaten waren die Bestimmungen der OAU, der Vorgängerorganisation der AU, die eine Intervention nicht zuließen. »Das war der Fall beim Ruanda-Genozid. Wenn wir nicht eingeladen werden, gehen wir überhaupt nicht rein. Jetzt kann die Union, ohne zu warten, in Konflikte eingreifen«, erläuterte Ben Kioko, der die AU rechtlich berät, die Vorzüge der Abmachung.

Doch wie die Uno ist auch die AU abhängig von einer Hegemonialmacht, die über die finanzielle und militärische Schlagkraft verfügt, ihre Beschlüsse auch auszuführen. Da keine solche Macht in Sicht ist, versuchen seit einiger Zeit Südafrika und Nigeria gemeinsam, diese Rolle auszufüllen. Südafrika, dessen Präsident Thabo Mbeki auch Vorsitzender der AU-Generalversammlung ist, hat einige hundert Soldaten zum Schutz der Regierung in Burundi entsandt. Doch bislang beschränkt sich dieses Kontingent auf die Überwachung der Hauptstadt Bujumbura, während sich außerhalb der Stadt Milizen und die burundische Armee weiter bekämpfen.

Und wie ein Friedensabkommen in der riesigen und völlig fragmentierten Demokratischen Republik Kongo, das Mbeki seit Monaten zu vermitteln sucht, überwacht werden soll, weiß er wohl selbst nicht. Nigeria, selbst in einer schweren Krise, konnte bislang keine Fortschritte bei seiner Vermittlung in Côte d’Ivoire erreichen. Nur der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich gelang es mit ihrer militärischen Präsenz, die Parteien zu einem Friedensabkommen zu zwingen, dessen Einhaltung aber mehr als ungewiss ist.

In der Zentralafrikanischen Republik hat der Präsident Ange-Félix Patassé wenig Vertrauen auf die Interventionsfähigkeit der Afrikanischen Union. Patassé, der nur noch ein Drittel seines Staatsgebiets kontrolliert und dabei auch noch auf eine undisziplinierte Miliz aus der benachbarten DR Kongo angewiesen ist, rief bereits mehrmals die französische Regierung auf, zu seiner Rettung zu intervenieren. »Es sind französische Soldaten in Côte d’Ivoire. Warum also nicht in der Zentralafrikanischen Republik? Es ist Diskriminierung. Ich verlange, dass auch zu uns französische Soldaten gesandt werden.«

Die neogaullistische Regierung in Paris wird sich von dieser Bitte zwar geschmeichelt fühlen, aber Patassé wohl kaum zu Hilfe eilen. Bereits 1998 wurden angesichts der nicht endenden Konflikte alle Soldaten aus der ehemaligen Kolonie abgezogen.