Sag’s durch die Seidenblume!

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Hätten Sie’s gewusst? Das kleine ostdeutsche Fleckchen Sebnitz ist nicht nur für seine unternehmungslustigen Neonazis bekannt, sondern auch dafür, »der größte staatlich anerkannte Erholungsort Sachsens« zu sein. Obendrein ist es dafür berühmt, den bei weitem überflüssigsten Gegenstand der westlichen Hemisphäre zu produzieren: Kunstblumen. Und die sind »filigrane Kunstwerke«, die »mit viel Fingerfertigkeit entstehen«.

Diese und andere Dinge erfährt man aus dem knallbunten, 24seitigen Reklameprospekt »Sebnitz – die Seidenblumenstadt am Nationalpark«. Von den lebhaften Burschen aber, die in ihrer Freizeit gern dunkelhäutigen Ortsfremden zeigen, wie sie am schnellsten aus dem Ort wieder hinausfinden, ist in dem Prospekt nicht die Rede. Anders gesagt: Die Region bietet zwar »Lebensraum für eine Vielzahl geschützter Tiere und Pflanzen«, nicht aber für ungeschützte Ausländer.

Angepriesen wird auch das »Felsklettern«, das wie das Verprügeln von dunkelhäutigen Fremden »in der Region nahezu ein Volkssport« geworden ist. Noch viel erstaunlicher als die ortseigenen Sitten und Gebräuche ist aber der Umstand, dass die Broschüre überdies von den so genannten »Fremdenverkehrsbetrieben« herausgegeben wird, wo es in Sebnitz doch gar keine Fremden mehr gibt.

Vielmehr sollte man Sebnitz nur aus zwei Gründen aufsuchen: entweder um wenigstens einen überzeugenden Grund dafür zu finden, warum Menschen freiwillig aus dem Leben scheiden, oder um sich von Rechtsextremen krankenhausreif schlagen zu lassen.

Vergessen Sie aber nicht, rechtzeitig ein paar hübsche Seidenblumensträußchen zu erwerben! Die machen Ihr Zimmer im Krankenhaus gleich etwas freundlicher. Und auf Ihrem Grab machen sie sich bestimmt auch nicht schlecht. Schließlich sind es, wie es im Prospekt so schön heißt, »Blumen, die nie verblühen«. Und selbst wenn Sie in Sebnitz keine Kunstblümchen kaufen, werden Sie zumindest ein Veilchen, das man Ihnen ganz fingerfertig verpasst hat, von dort mitbringen.

thomas blum

www.sebnitzer-blumentage.de, www.ungeklaerte-todesfaelle.de