Ausgereizt

Topographie des Terrors

»Fertigstellung: voraussichtlich Mai 2005.« Auf der Internetseite des Senators für Stadtentwicklung geht man noch immer davon aus, dass der Neubau des Dokumentations- und Begegnungszentrums »Topographie des Terrors« zu diesem Termin beendet werden könnte. Dabei sind die Bauarbeiten in der Niederkirchnerstraße gegenüber dem Berliner Abgeordnetenhaus seit fast drei Jahren aufgrund finanzieller und bautechnischer Probleme unterbrochen. Vom Projekt des Schweizer Architekten Peter Zumthor, dessen Entwurf 1993 in einem internationalen Wettbewerb prämiert wurde, sind bis heute nur drei Treppentürme aus Beton realisiert worden.

Neben dem Jüdischen Museum und dem Mahnmal für die ermordeten Juden Europas stellt die »Topographie« als »Ort der Täter« eine weitere Stätte dar, mit der die Stadt Berlin an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnert. Zwischen 1933 und 1945 befanden sich auf dem Gelände die wichtigsten Institutionen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik: das Reichssicherheitshauptamt, die Reichsführung SS und die Dienstzentrale der Geheimen Staatspolizei. Dort wurden die wegweisenden Entscheidungen für die Ermordung der Juden, die rassistische Ostpolitik und die Verfolgung der politischen Gegner durch den nationalsozialistischen Staat getroffen.

»Beim gegenwärtigen Stand der Dinge halte ich die Chancen, den Bau zu realisieren, für nicht sehr hoch«, sagt Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, und zeigt sich skeptisch, ob sich der ursprüngliche und schon mehrfach modifizierte Entwurf des Schweizer Architekten wie geplant realisieren lässt. Auch die Möglichkeit, zusätzliche Geldmittel zu akquirieren, schätzt er als sehr gering ein. »Die Positionen sind ausgereizt«, sagt er, »schließlich haben sich die Baukosten schon von ehemals 38 Millionen Mark auf 38 Millionen Euro verdoppelt.«

Das Architekturbüro Zumthor musste zwar in der vergangenen Woche gegenüber der taz einräumen, dass auch dieser Betrag nicht ausreichen werde, schob aber die Verantwortung den Berliner Politikern zu. Ihre Sache sei es, dafür zu sorgen, dass doch noch mehr Geld zur Verfügung gestellt wird.

Davon zeigt sich Petra Reetz, die Sprecherin des Stadtentwicklungssenators Peter Strieder (SPD), überrascht: »Das Architekturbüro von Herrn Zumthor kann uns eigentlich keine Forderungen stellen«, meint sie. Außerdem seien »38 Millionen Euro das letzte Wort des Bundes und Berlins«.

Entscheidend für den Fortgang des Projektes sei der Ausgang des Auswahlverfahrens, in dem ein Ersatz für die Pleite gegangene Baufirma gesucht wird. Es soll innerhalb der nächsten sechs Wochen abgeschlossen sein. So lange will die Stadt am Entwurf Zumthors festhalten.

»So reizvoll das für Berlin auch ist, ein außergewöhnliches Gebäude zu bekommen, womit sich diese Stadt natürlich auch schmücken kann, ist sein Inhalt wirklich vorrangig«, betont Reetz jedoch. Das meint auch Andreas Nachama und fordert Kreativität von allen Beteiligten, damit die Bauarbeiten endlich weitergehen. So oder so kann der Bau seiner Ansicht nach allerdings frühestens 2007 eröffnet werden.

martin kröger