Benimmski

Die Hools und die Polizei in Russland

Russische Fußballfans wissen seit einigen Wochen ganz genau, was sie im Stadion zu tun und zu lassen haben.

Das Innenministerium des Landes und Vertreter der Profiligen hatten nämlich knapp ein Jahr lang an einem Vorschriftenkatalog gearbeitet, der ein für alle Mal klärt, wie sich russische Supporter auf den Rängen zu benehmen haben.

Zum ersten Mal ist es den Fans erlaubt, Zigaretten, Feuerzeuge, Trillerpfeifen und Rasseln mit ins Stadion zu nehmen. Vor und nach den Spielen dürfen sie sogar bengalische Feuer abbrennen – was ohne Feuerzeuge auch ein wenig schwierig sein dürfte. Und mit Fähnchen zu wedeln, ist auch nicht länger verboten. Auch der Einsatz von Trommeln ist nunmehr möglich, solange ihr Umfang das erlaubte Maß von 60 mal 40 Zentimetern nicht überschreitet.

Gegenüber den Regeln, die zu Sowjetzeiten herrschten, ist dies ein echter Fortschritt. Damals galten Fußballfans als schwer zu kontrollieren und daher als unbedingt verdächtig, mit den Idealen des Sozialismus nichts am Hut zu haben. Beim kleinsten Vergehen hagelte es Strafen. So war es zum Beispiel streng verboten, eine Anstecknadel mit den Insignien des Lieblingsvereins zu tragen.

Aber es gibt auch im neuen Maßnahmenkatalog Verbote: Betrunken zu sein, zieht ein Stadionverbot nach sich. Auch Fans, die Spieler rassistisch beleidigen oder andere Supporter angreifen, dürfen sich keine Hoffnungen machen, beim nächsten Heimspiel wieder am angestammten Platz zu stehen.

Der Maßnahmenkatalog soll schließlich auch dazu dienen, das schlechte Renommee des russischen Fußballs zu verbessern. Hooligans sind zu einem großen Problem geworden, zahlreiche Kioske bieten neben schwarz gebranntem Wodka auch von den Freunden der dritten Halbzeit selbst aufgenommene Videos an. Darauf seien neben Schlägereien mit anderen Hools auch Überfälle auf tschetschenische Markthändler zu sehen, die als bevorzugtes Angriffsziel der rechtsextremen Skinhead-Szene gelten, berichtet die Tageszeitung Moscow News.

Aber erst im letzten Jahr wurde das Gewaltproblem des russischen Fußballs international wahrgenommen. Als es nämlich im Juni bei Krawallen nach einer Liveübertragung des WM-Spiels Japan – Russland zu Toten kam.

Die Mehrzahl der Fans ist allerdings in Russland ebenso friedlich wie überall. Deshalb freuen sich diese Supporter nun, dass der Gewalt im Stadion ein Ende bereitet werden soll. Allerdings, so fordern sie, sollten auch für die Polizei eindeutige Benimmregeln gelten. Die Beamten handelten nämlich immer noch völlig willkürlich und beschlagnahmten, was ihnen gerade gefalle.

Innenminister Boris Gryzlow, selbst ein bekennender Fußballfan, will solche Klagen mit einem Polizistenaustausch beenden. Gerade eben wurden russische Beamte zu einem zweitägigen Seminar nach England geschickt, wo sie unter anderem beim Spiel Liverpool gegen Leeds Taktiken und Konzepte der britischen Kollegen kennen lernen sollten.

elke wittich