Beharrliche
Geister

Die PDS in der Krise von ivo bozic
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Krieg, Sozialabbau und die Krise der SPD: Eigentlich müsste die PDS zurzeit der Renner auf dem Parteienmarkt sein. Doch das Engagement in der Friedensbewegung brachte ihr keine besseren Umfragewerte ein, und von der ehemals gerühmten »sozialen Kompetenz« der Partei ist seit langem nichts mehr zu vernehmen. Allein dem Zank in der SPD dürfte die PDS es verdanken, dass sie bei einer Meinungsumfrage erstmals wieder über fünf Prozent kam.

Denn statt den sozialen Protest zu organisieren, liegen sich die beiden Flügel der Partei so heftig wie selten in den Haaren. Die Parteivorsitzende Gabi Zimmer wird dabei mehr und mehr zur Witzfigur. Wie eine Marionette lässt sie sich von der einen oder anderen Seite funktionalisieren. Eigene Politikvorstellungen fehlen völlig.

Im Jahr 2000 wurde sie vom Reformerlager um Gregor Gysi und Dietmar Bartsch ins Amt gehievt, dann ließ sie sich vor einem halben Jahr in Gera von einem kruden Bündnis aus Kommunistischer Plattform (KPF) und abgehalfterten ehemaligen SPD-Funktionären gegen die Reformer ins Rennen schicken und wurde als Parteivorsitzende wiedergewählt. Bartsch und Co. tauchten beleidigt unter. Doch nun versuchen die Reformer den Konterangriff, und zwar zusammen mit Gabi Zimmer.

Weil im Bundesvorstand die Fundamentalisten die Mehrheit stellen, traf sich Ende voriger Woche so etwas wie ein »Gegenvorstand«, bestehend aus Zimmer und den ostdeutschen Landesparteichefs und Mandatsträgern der PDS. Sie forderten den Rücktritt des gesamten Parteivorstandes, um einen außerordentlichen Parteitag noch vor der Sommerpause möglich zu machen. Dann will man unter anderem den Amtszeiten des Bundesgeschäftsführers Uwe Hiksch und des stellvertretenden Parteivorsitzenden Dieter Dehm – beide sind ehemalige Sozialdemokraten – ein frühes Ende bereiten.

Der neue Streit entzündete sich an der Debatte um einen alternativen Vorschlag der PDS zur Agenda 2010 des Bundeskanzlers. Eine Mehrheit im Bundesvorstand um Dehm und Hiksch lehnte es ab, über ein entsprechendes Papier der Reformer zu debattieren. Statt alternativer Angebote setzen sie wie auch die KPF ausschließlich auf »Widerstand«. Für die Reformer ist das jedoch Ausdruck einer »Blockadehaltung«.

Zimmer fordert zwar inzwischen die Ablösung von Dehm und Hiksch, doch die Geister, die sie rief, wird sie so einfach nicht los. Einer personellen Erneuerung der Parteiführung wird auch Zimmer selbst zum Opfer fallen. Alles andere wäre grotesk. Sie ist Teil des Problems und kann daher nicht Teil der Lösung sein. Die beklagte Handlungsunfähigkeit des Vorstands ist zuallererst auch eine Handlungsunwilligkeit der Vorsitzenden.

Was weder die realpolitischen Reformer noch die auf plakativen Widerstand fixierten KPFler und die ehemaligen SPD-Kader in der PDS zu kapieren scheinen: Es ist egal, ob die PDS konstruktive Vorschläge zu einem netteren Sozialabbau macht, oder ob sie sich verweigert und ausschließlich Proteste gegen Schröder und Co. organisiert. Solange die PDS in den Regierungen in Mecklenburg-Vorpommern und vor allem in Berlin den Sozialabbau mitorganisiert, bleibt das alles nur leeres Gequatsche.