Berlin sucht den Superplatz

Neugestaltung des Alex

Mit der Vorstellung, dass am Alexanderplatz eine beeindruckende Skyline entstehen soll, haben sich die Berliner längst abgefunden. Vielleicht haben sie es aber auch verdrängt, denn zehn Jahre nachdem ein städtebaulicher Entwurf prämiert wurde, ist der Platz immer noch unverändert.

Dass es Strieders Senatsverwaltung dennoch ernst meinen könnte mit ihrem Vorhaben, das Ostberliner Zentrum komplett umzugestalten, darauf deutet die Tatsache, dass man sich jetzt auch über die Fläche zwischen den geplanten Hochhäusern Gedanken macht. Und die Berliner Bürger dürfen mitreden. Am 30. April richtete die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter www.stadtentwicklung.berlin.de ein Online-Forum ein, in dem diskutiert werden kann, wie der Platz im Jahr 2013 aussehen soll.

Bis zum 13. Mai werden erste Ideen und Vorschläge gesammelt, wie der Platzbereich in Zukunft genutzt, welches Material als Belag verwendet und wie die zukünftige Beleuchtung aussehen soll. Auch nach den Möglichkeiten einer künstlerischen Gestaltung und der Anbindung an die angrenzenden Straßen wird gefragt.

Am 14. Mai präsentiert die Senatsverwaltung dann sowohl ihre eigene Vorauswahl an Entwürfen – ein Architekturwettbewerb zur Platzgestaltung läuft bereits – als auch die Ergebnisse aus dem Internet-Forum. Anschließend wird die Diskussion, von Online-Moderatoren unterstützt, bis Ende Mai fortgesetzt. Fest steht schon jetzt, dass eine neun- bis elfköpfige Jury, die sich ausschließlich aus Vertretern der Investoren und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zusammensetzt, die Sieger des Wettbewerbs küren wird. Spätestens dann also ist die Berliner Öffentlichkeit ebenso ausgeschlossen wie unabhängige Fachleute. Zwar darf ein Sachverständigenrat der Jury bei ihrer Auswahl beratend zur Seite stehen, ein Stimmrecht werden seine Mitglieder aber nicht haben. Im Herbst soll die Entscheidung darüber fallen, welcher Architekturentwurf zur Platzgestaltung verwirklicht wird.

Wer sich das Prozedere näher anschaut, der ahnt, dass das Forum einen ähnlichen Einfluss auf die Platzgestaltung haben könnte wie seinerzeit die Umfragen, welchen Namen der Lehrter Stadtbahnhof und welche Farbe das Brandenburger Tor haben sollte, nämlich gar keinen. Was auf den ersten Blick lobenswert erscheint – eine Bürgerbeteiligung ist schließlich in dieser Planungsphase nicht vorgeschrieben –, erweist sich als pseudodemokratisches Feigenblatt. Lediglich Interessierte mit Internetzugang können sich über ein aktuelles stadtpolitisches Thema informieren und ein bisschen mitdiskutieren.

Davon ganz abgesehen, ist die Zukunft des Platzes sowieso unsicher, weil sich noch keiner der Investoren, an die das Land die Grundstücke zu Dumpingpreisen verschleuderte, bis heute auf ein Hochbauprojekt festgelegt hat. Grund genug für rührend engagierte, aber wenig informierte Teilnehmer des Online-Forums, die Debatte nochmal ganz von vorn aufzurollen. Drei Tage nach der Eröffnung nimmt das Thema »Hochhäuser ja oder nein« großen Raum ein.

matthias heister