Braun schweigt nicht

Burschenschafter und der RCDS übernehmen den Asta der Technischen Universität Braunschweig. von frank rademacher

Ein Artikel in den Deutschen Nachrichten aus dem Jahre 1969, verfasst anlässlich der Niederlage der NPD bei den Bundestagswahlen, schloss mit den markigen Worten: »Wir sind nicht die Letzten von gestern, sondern die Ersten von morgen.« Der Autor war Gert Hoffmann, der damals noch im Bundesvorstand des Nationaldemokratischen Hochschulbundes saß und in der Zwischenzeit nicht nur Mitglied der CDU geworden ist, sondern auch Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig. Auf ihre ganz eigene Weise hat sich seine Vorhersage bewahrheitet.

Seit vielen Jahren wurden der Asta und die anderen studentischen Organe der Technischen Universität Braunschweig von linken, basisdemokratischen Fachschaften gestellt. Die wiederholten Versuche des Rings christlich-demokratischer Studenten (RCDS), eines der CDU nahe stehenden Studentenverbandes, die linke Dominanz zu brechen, blieben erfolglos. Wie in jedem Jahr erhielt der RCDS auch diesmal bei den Uniwahlen nur wenige Stimmen. Sogar zusammen mit einigen Listen, auf denen vornehmlich Mitglieder studentischer Verbindungen kandidierten, darunter die Burschenschaften Thuringia, Germania, Arminia-Gothia und Alemannia, kamen die Rechten nur auf ein gutes Drittel.

Da die Fachschaften jedoch wegen fehlender Kandidaten nicht alle gewonnenen Sitze besetzen konnten, erhielt das rechte Wahlbündnis deutlich mehr als die ihm zustehenden. Dies gilt auch für das Studierendenparlament, das den Asta wählt. Zur Wahl standen diesmal zwei Listen: eine, die von der großen Mehrheit der Fachschaften getragen wurde, und eine vom RCDS und den Verbindungen. Und diese rechte Liste gewann überraschend mit 20 zu 18 Stimmen die Wahl.

Was nach 1968 lange Zeit undenkbar war, wurde wie zuvor bereits in Hamburg, Köln, Duisburg, Göttingen und anderen Städten auch in Braunschweig zur Realität: ein rechter Asta. Seit dem 1. April bilden der Fachschafter Michael Förster, Johannes Rufus Buschart vom RCDS und Bernd Opitz, Alexander Börger und Matthias Nieber, die auf den Listen der studentischen Verbindungen kandidierten, für ein Semester den Vorstand. Wie dem Buch »Braunschweig ganz rechts« von Alfred Alt, Marcus Bode und Ludwig Kritz zu entnehmen ist, ist die Kooperation des sich demokratisch gebenden RCDS mit den hierarchisch strukturierten studentischen Verbindungen nicht neu. Die RCDS-Mitglieder Frank Bötzkes, Christian Striese und Torsten Rimane waren in den neunziger Jahren Mitbegründer des Arbeitskreises Junger Konservativer (AJK), der sich eigenen Angaben zufolge aus »Freunden und Lesern« der rechtsextremen Jungen Freiheit zusammensetzte.

Einige Mitglieder des AJK entstammten den Burschenschaften Thuringia und Alemannia oder gehörten zum Umfeld der einst mit der Unterstützung des bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß gegründeten Ludwig-Frank-Stiftung. Auch von der Jungen Union, den Republikanern, der NPD und dem Bund Heimattreuer Jugend kam Zulauf.

Die Liste der Personen, die bei Veranstaltungen der AJK auftraten, liest sich wie ein Who’s who rechter Intellektueller. Da wäre etwa der Soziologieprofessor Robert Hepp zu nennen, der in der Jungen Freiheit, den Staatsbriefen und in Criticon veröffentlicht, außerdem der ehemalige Vorsitzende der Berliner Republikaner, Klaus Weinschenk, sowie Karlheinz Weißmann, Autor der Jungen Freiheit und des Criticon, und nicht zuletzt der Multifunktionär Hans-Ulrich Kopp, der nicht nur ein »alter Herr« der Münchener Burschenschaft Danubia ist, sondern auch lange Jahre Redakteur der Jungen Freiheit war sowie Bundesvorstandssprecher der Republikaner, stellvertretender Vorsitzender des Republikanischen Hochschulverbandes, Mitglied im Kuratorium des Studienzentrums Weikersheim sowie im Andreas-Hofer-Bund, der den Anschluss Südtirols an Deutschland fordert.

Diese Hintergründe ließ das rechte Bündnis vor den Wahlen lieber unerwähnt. Offen agierende Listen, wie die Opposition gegen links bildeten die Ausnahme. Lieber gab man sich unverfängliche Namen wie Gauß-Algorithmus, Pro FB 9, Soz Pol’s oder Knallgras.

Wer in Braunschweig über die studentischen Verbindungen aufklären möchte, muss mit Sanktionen rechnen. So wurde wegen eines Artikels im Asta-Info eine einstweilige Verfügung erwirkt. Künftig darf nicht mehr behauptet werden, dass die Burschenschaft Germania »faschistoid« sei. Gegen den alten Asta-Vorstand wurde wegen desselben Sachverhaltes eine Strafanzeige gestellt. Tatsache ist, dass die Germania in der Vergangenheit zum Beispiel zwei so genannte Sicherheitsexperten der Neuen Rechten auf einem Bundeswehrseminar Referate halten ließ: den General a.D. Günter Kießling und den Generalleutnant a.D. Franz Uhle-Wettler. Beide veröffentlichen in diversen Zeitungen, etwa im rechtsextremen Europa vorn.

Nach der Erfahrung des Freien Zusammenschlusses der Studierendenschaften (fzs) pflegen die rechten Asta-Vorstände ihre Arbeit auf eine »Party- und Serviceagentur mit allenfalls hochschulpolitischem Mandat« zu beschränken und sorgen dafür, dass sich Studierendenvertretungen nicht mehr zu »allgemeinpolitischen Themen« äußern.

So könnte es auch in Braunschweig laufen. In dem »NewAsta – Eckpunkte für die Asta-Arbeit« betitelten Arbeitsprogramm des neuen Vorstands findet sich nichts, was auf die Gesinnung seiner Mitglieder hindeutet. Der Asta werde »keinen inhaltlichen Einfluss auf die Arbeit der Fachschaften« nehmen, heißt es. Studiengebühren lehne man »uneingeschränkt« ab, ebenso wie die »Umwandlung in eine Stiftungsuniversität«. Und die Höhe des Bafög solle »dem vom DSW ermittelten Bedarf von Studierenden entsprechen«.

Allerdings erklärten die bisherigen Sozialreferentinnen, dass sie nicht bereit seien, mit dem neuen Asta zu kooperieren: »Mit einem Asta, der sich auf Burschenschaften stützt, (…) lässt sich eine emanzipatorische Sozialberatung nicht vereinbaren.« Auch der neu geschaffene Posten des »Homosexuellenreferenten« – bisher gab es ein Schwulenreferat – konnte noch nicht besetzt werden, da der vorgesehene Kandidat erklärte, dass er sich als Mann nicht in der Lage sehe, lesbische Frauen zu beraten. Und die gewählte Frauenreferentin wurde angeblich aus formalen Gründen noch nicht ernannt.

Christoph Mühlmann vom ehemaligen Asta-Vorstand hält die Behauptung, dass sich ausgerechnet eine Koalition von Christdemokraten und Verbindungsstudenten für die oben genannten sozialen Ziele einsetzen will, sowieso für unglaubwürdig. »In sechs Monaten werden wieder die Fachschaften den Asta stellen«, ist er sich sicher.