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Gut gebrüllt

Italien. Völlig ausgerastet ist der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi, als sein Spezi Cesare Previti am vergangenen Mittwoch zu elf Jahren Haft verurteilt wurde. Der ehemalige Verteidigungsminister ist in erster Instanz wegen Bestechung von Richtern in den Prozessen um den Verkauf des Chemiekonzerns IMI und das Verlagshaus Mondadori schuldig gesprochen worden. Berlusconi tobte, die Richter handelten wie »Putschisten«. Ihr wahres Ziel sei es, seine Regierung zu stürzen. Er forderte daher, »die Politisierung gewisser Richter« zu beenden. In dem Prozess war auch Berlusconi zunächst angeklagt, das Verfahren wurde jedoch 2001 wegen Verjährung eingestellt. Allerdings steht er in einem ähnlichen Verfahren in Mailand vor Gericht. Deswegen scheint der Ministerpräsident etwas nervös zu sein. Besonders ärgert ihn, dass vor zehn Jahren im Zuge der Korruptionsverfahren gegen Politiker »mit brutaler Gewalt« die Immunität der Abgeordneten abgeschafft wurde. Das will seine Regierung so schnell wie möglich wieder ändern. Berlusconi glaubt, so noch lange Zeit vor dem Zugriff der Justiz sicher zu sein. »Sollte es zu Neuwahlen kommen, würden wir wieder gewinnen«, erklärte er siegessicher.

Sand in Sicht

Spanien. In Spanien stehen Gemeindewahlen bevor. Kein Wunder, dass die Regierung und die Vertreter der Volkspartei in Galicien verkündeten, dass der Badespaß in der Region trotz der Ölkatastrophe nach der Havarie des Tankers »Prestige« gesichert sei. Die meisten Badeplätze seien wieder benutzbar, behaupteten sie. Die Fischer der Region sehen das ganz anders, denn unter den oberen Sandschichten lagert noch immer der Ölschlick. Da ihnen jetzt mit der Begründung, es sei alles wieder mehr oder weniger sauber, die Entschädigung gestrichen wurde, bleibt abzuwarten, wie der galicische Kandidat der Volkspartei, Manuel Fragas, in den Wahlen am 25. Mai abschneiden wird.

Um die bisher lauteste Stimme der Opposition, die Bürgerinitiative Nunca Máis, steht es derzeit nicht gut. Erst kürzlich hat Fragas ihre Werbeveranstaltungen in Schulen untersagen lassen. Gleichzeitig will die Zentralregierung gerichtlich gegen die Protestbewegung vorgehen. Sie wirft ihr vor, ein bezahlter Ableger der galicischen Nationalisten zu sein.

Lebenswichtige Entscheidung

Ungarn. Fast zwei Drittel der ungarischen Bevölkerung vertritt in Meinungsumfragen die Ansicht, dass Sterbehilfe legalisiert werden muss. Das Verfassungsgericht entschied am Montag der vergangenen Woche aber entgegen dem Volkswillen und lehnte zumindest die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe ab. Gerichtspräsident Janos Nemeth begründete die einstimmige Entscheidung damit, dass das Recht auf Leben am höchsten bewertet werden muss. Zudem verwies er darauf, dass nur in den Niederlanden, Belgien und dem US-Bundesstaat Oregon die aktive Sterbehilfe erlaubt sei. Gleichzeitig bestätigten die Richter ein Gesetz von 1997, mit dem die passive Sterbehilfe legalisiert wird. Unheilbar Kranke können lebensverlängernde Behandlungen ablehnen, wenn sie eine von zwei Zeugen unterschriebene Willenserklärung vorlegen. Drei Ärzte müssen den Fall dann noch prüfen.

Juristen hatten eine Grundsatzentscheidung über die Sterbehilfe gefordert, nachdem vor zehn Jahren eine Mutter ihre unheilbar kranke elfjährige Tochter in der Badewanne ertränkt hatte. Die Frau wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt und dann von Staatspräsident Arpad Göncz begnadigt.

Einer von ihnen

Kroatien. Die sozialdemokratische Regierung muss ihre Sympathien für Kriegsverbrecher nicht verstecken. Mehrere tausend Menschen nahmen am vergangenen Freitag an der Beerdigung des ehemaligen Generalstabschefs Janko Bobetko teil, darunter auch hohe Politiker wie Regierungschef Ivica Racan und Parlamentspräsident Zlatko Tomcic. Bobetko wurde in seiner Heimatstadt Sisak mit höchsten militärischen Ehren beigesetzt. Im Jugoslawienkrieg soll er 1993 die Ermordung von etwa 100 serbischen Zivilisten angeordnet haben. Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes hob das UN-Kriegsverbrechertribunal im Februar den Haftbefehl gegen ihn auf. Die kroatische Regierung weigerte sich allerdings ohnehin, ihn auszuliefern. Bei so viel politischer Rückendeckung verwundert es nicht, dass an Bobetkos Sarg auch ein Kranz mit dem Namen des vom UN-Tribunal wegen Kriegsverbrechen gesuchten Generals Ante Gotovina gesichtet wurde.

Erdbeben und Nachbeben

Türkei. »Ruhiger und feinfühliger« sollten die Menschen in Bingöl sein, mahnte Premierminister Tayyip Erdogan. Etwa 1 000 von ihnen erdreisteten sich nach dem Erdbeben in der vergangenen Woche, Wasser, Zelte und Nahrungmittel zu fordern. Polizisten fuhren mit einem Mannschaftswagen in die Menge und feuerten minutenlang mit automatischen Waffen in die Luft, anschließend kam es zu Straßenkämpfen. Gouverneur Avni Cos machte PKK-Anhänger in der ehemaligen Hochburg des kurdischen Nationalimus verantwortlich, doch Ursache der Proteste war, dass auch die nun regierenden Islamisten lieber auf Gott als den Bauvorschriften vertrauen und sich mit der bewährten Mischung aus Korruption und Repression behelfen, wenn etwas schiefgeht.

Die vierstöckige Schule in Celtiksuyu stürzte zusammen wie ein Kartenhaus, weil man an den Stahlträgern gespart hatte, insgesamt starben mehr als 150 Menschen bei dem relativ schwachen Beben. Bewohner der Region werfen den Behörden vor, die ohnehin unzureichende Hilfe nach politischen Kriterien zu verteilen.