Organisiert euch selbst!

Der DGB arbeitet Hand in Hand mit dem Kapital. von kersten cohrs und ralf dreis

Die Frage, ob man sich als Linker von den staatstragenden Gewerkschaften verabschieden sollte, ist schon seit vielen Jahren mit einem klaren Ja zu beantworten. Dass sie überhaupt noch gestellt wird, hängt am momentan medial inszenierten Klassenkampf von oben, der fälschlicherweise den Eindruck vermittelt, der DGB sei eine Kampforganisation der Lohnabhängigen.

Der seit langem von Mitgliederschwund gebeutelten Organisation kommt das nicht ungelegen. Nach Jahren des offensichtlichen Paktierens, des lukrativen Verweilens ihrer Bosse in den Aufsichtsräten und der wachsenden Unzufriedenheit der einfachen Mitglieder kommt der Beweis für die eigene Existenzberechtigung gerade recht. Man lässt die Muskeln spielen, warnt vor einem ungezügelten Kapitalismus und droht mit Kampfmaßnahmen.

In der Praxis verteidigen die im DGB organisierten Gewerkschaften jedoch die kapitalistische Wirtschaftsordnung und reduzieren den Widerspruch zwischen den Lohnabhängigen und den Ausbeutern auf ein paar Prozent mehr oder weniger Lohn. Aktive linke KollegInnen innerhalb des DGB wurden bekämpft und ausgeschlossen oder reiben sich seit Jahrzehnten in den bürokratischen Strukturen auf.

Obwohl die so genannte Sozialpartnerschaft vom Kapital in den vergangenen Jahren schrittweise aufgekündigt wurde, beteiligen sich die DGB-Bosse aktiv am Abbau arbeitsrechtlicher Standards. So halfen sie maßgeblich mit, Schröders Hartz-Konzept durchzusetzen. Alle Einzelgewerkschaften unterstützen die Hartz-Reformen. Der von der DGB-Verhandlungskommission ausgehandelte Tarifvertrag mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) für die Leiharbeitsbranche erfüllt einzig und allein den Zweck zu gewährleisten, dass die in dieser Branche Tätigen um 2o bis 3o Prozent schlechter bezahlt werden, als es nach den bisher gültigen Gesetzen vorgeschrieben ist.

Dass die Gewerkschaften überhaupt eine nennenswerte Anzahl von Mitgliedern unter den LeiharbeiterInnen haben, darf bezweifelt werden. Das heißt, dass für noch nicht existierende Betriebe (die Personal Service Agenturen) mit noch nicht vorhandenen Beschäftigen eine in diesem Bereich nicht vertretene Gewerkschaft im Namen von nicht vorhandenen Mitgliedern einen Tarifvertrag abgeschlossen hat, der für alle zukünftigen Beschäftigten Dumpinglöhne festschreibt. Für alle DGB-Mitglieder wird dieser Schröder-Gefälligkeitstarifvertrag gelten, während für Unorganisierte oder Mitglieder anderer Gewerkschaften, wie der Freien ArbeiterInnen Union (FAU), »equal pay« im Entleiherbetrieb Anwendung finden muss, also per Streik durchgesetzt werden kann. Wer nicht schlechter bezahlt werden will, sollte schon aus diesem Grund aus der Gewerkschaft austreten und sich mit kämpferischen Kolleginnen organisieren.

Wer gegen die kapitalistische Wirtschaftsordnung und für eine solidarische, selbstbestimmte Gesellschaft kämpft, braucht entsprechende Strukturen. Der DGB und seine Einzelgewerkschaften sind jedoch straff von oben nach unten organisiert. Die Funktionäre haben das Sagen. Sie sitzen in den Aufsichtsräten der Konzerne, des Arbeitsamtes und aller Gremien, die Sozialversicherung, Renten, Krankenkassen, Rundfunk und Fernsehen etc. betreffen. Die Mitglieder dürfen nur ihre Vertrauensleute und die Delegierten für die Vertreterversammlung wählen. Der Vertrauensmann jedoch muss von oben abgesegnet werden, sonst gilt die Wahl nicht! Allein der Vorstand kann die Vertreterversammlung absetzen und bestimmt die Bezirksleiter, die die praktische Politik vor Ort organisieren. Strikte Hierarchien, Befehl und Gehorsam, schwer durchschaubare Strukturen: All das führt zur Passivität der Mitglieder und verhindert, dass sie selbstbestimmt handeln und kämpfen.

Sozialrevolutionäre Gewerkschaften basieren dagegen auf der Solidarität ihrer Mitglieder. Kämpfe werden gemeinsam beschlossen und geführt, sie hören nicht bei der Höhe des Lohns auf, sondern richten sich gegen die Unterdrückungsverhältnisse. Wer den Widerstand im Kapitalismus ernst meint, hat keinen Grund, im DGB zu bleiben.

Die Autoren sind Mitglieder der FAU Frankfurt/M.