Nachrichten

Besuch im Terrorstaat

Syrien/USA. Als einen »freimütigen Austausch von Ansichten« bezeichnete US-Außenminister Colin Powell seine Gespräche mit dem syrischen Präsidenten Bashir al-Assad, was in der Sprache der Diplomatie ein Synonym für einen heftigen Streit ist. Powells Reise nach Syrien signalisierte am Anfang der letzten Woche, dass die US-Regierung keine irakische Lösung anstrebt, obwohl Syrien auf der Liste der Terrorstaaten steht. Die im Nachbarland aufgebaute Militärmacht erleichtert es den USA jedoch, Druck auf Assad auszuüben. Syrien soll die Vertretungen der palästinensischen Organisationen Hamas, Islamischer Jihad und PFLP schließen und die Hizbollah im Libanon, der faktisch ein syrisches Protektorat ist, von Angriffen auf Israel abhalten.

Powells Behauptung, dass erste Schritte in diese Richtung bereits unternommen worden seien, wurde von Vertretern palästinenischer Organisationen umgehend dementiert. Auf längere Sicht aber dürfte die anpassungsfähige ba‘athistische Diktatur pragmatisch agieren und auf eine ähnliche Belohnung hoffen wie 1991, als die USA die Beteiligung am zweiten Golfkrieg mit der Anerkennung der syrischen Dominanz über den Libanon honorierten.

Edle Tradition

Marokko. Salutschüsse der königlichen Garde begrüßten am Donnerstag der vergangenen Woche die Geburt des Kronprinzen Moulay al-Hassan, das Ministerium für Islamische Angelegenheiten forderte alle Prediger auf, der »edlen Tradition« zu folgen und für den Säugling zu beten. Die größte Freude aber dürfte unter jenen mehr als 9 400 Gefangenen aufkommen, die von der Fruchtbarkeit der königlichen Familie profitieren. Denn der milde gestimmte Monarch verfügte ihre Freilassung, weiteren 38 000 Gefangenen wurde ein Teil ihrer Strafe erlassen.

Für Nachschub wird aber auch gesorgt, denn die königliche Gnade hat mit Liberalismus nichts zu tun. In der vergangenen Woche begann der Prozess gegen den Journalisten Ali Lmrabet, dem Majestätsbeleidigung vorgeworfen wird. Das jüngst verschärfte Pressegesetz sieht dafür Haftstrafen bis fünf Jahre vor.

Walter Sisulu

Südafrika. Seine erste Gefängnisstrafe erhielt er wegen eines Streits mit einem weißen Schaffner, der die Fahrkarte eines schwarzen Kindes konfisziert hatte. 1940 trat Sisulu dem ANC bei, im Jahr darauf gewann er Nelson Mandela für die Organisation. Beide gehörten 1944 zu den Gründungsmitgliedern der ANC Youth League, die die treibende Kraft bei der Umwandlung des ursprünglich von der schmalen schwarzen Oberschicht dominierten und friedlichen ANC zu einer militanten Massenorganisation war.

Nach einer weiteren Gefängnisstrafe wegen einer Kampagne des passiven Widerstands reiste er in die Sowjetunion, wo er sich zum ersten Mal in seinem Leben nicht rassistisch behandelt fühlte. Später schlug er sich jedoch auf die Seite der Fraktion Mandelas, die eine zu enge Bindung an die KP und die Sowjetunion ablehnte. Nach dem ANC-Verbot im Jahre 1961 verschärfte sich die Repression, Sisulu wurde wegen der Vorbereitung einer Revolution verurteilt und verbrachte ein Vierteljahrhundert im Gefängnis, bevor er 1989 freigelassen wurde.

1994, nach dem ersten Wahlsieg des ANC, zog sich Walter Sisulu aus der Politik zurück. Er starb am Montag der vergangenen Woche im Alter von 90 Jahren.

Missglückte Befreiung

Bogota. Die umstrittene harte Terrorismusbekämpfung des kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe gerät nach einer missglückten Geiselbefreiung in der letzten Woche immer mehr in die Kritik. Beim Angriff von kolumbianischen Spezialeinheiten auf ein Versteck der Farc wurden acht der dort gefangen gehaltenen Geiseln von Guerilleros erschossen, darunter Guillermo Gaviria, Gouverneur der Region Antioquia, und der ehemalige Verteidigungsminister Gilberto Echeverri. Mit der Entführung prominenter Politiker versucht die pseudomarxistische Farc seit Jahren die Freilassung von Kombattanten zu erpressen.

Präsident Uribe lehnte bisher jeglichen Dialog mit den Guerilleros ab. Ob Hubschrauberangriffe auf die Dschungelcamps der Farc eine geeignete Alternative sind, stellten nicht zuletzt Überlebende der jüngsten Aktion in Frage. Die größte kolumbianische Tageszeitung El Tiempo bemerkt zynisch, dass »befreite Leichen« niemandem nützen und dass Uribe den Kampf gegen den Terror auf Kosten der Zivilbevölkerung führe. Der Konflikt zwischen der Regierung, den Guerillas und den Paramilitärs forderte in der Bevölkerung im letzten Jahr mehr als 5 000 Opfer.

Porno- statt Petrodollar

USA. »Der Untergrund ist ein gutes Maß für den Fortschritt und die Gesundheit von Nationen«, heißt es in einer kürzlich publizierten Studie des Journalisten Eric Schlosser zur Schattenwirtschaft in den USA. Demnach erhält die größte Volkswirtschaft der Welt ihre maßgeblichen Impulse aus dem Verkauf von Marijuana, dem Verleih von Pornovideos und der Beschäftigung illegaler Arbeitskräfte, denn zusammen machen diese »informellen« Geschäftsbereiche etwas mehr als zehn Prozent der wirtschaftlichen Tätigkeiten aus.

Cannabis ist mit Verkaufsgewinnen von 25 Milliarden Dollar im Jahr noch vor Mais die ertragreichste Pflanze der USA. Die Beschäftigung nicht versicherter illegaler Arbeitskräfte erspart nach Schlossers Berechnungen jedem amerikanischen Haushalt 50 Dollar im Jahr. Und die jährlich zehn Milliarden Porno-Dollar kann die Hollywood-Filmindustrie nicht überbieten. Sollte sich die Regierung aller ökonomischen Vernunft zum Trotz doch entscheiden, gegen dieses Gewerbe vorzugehen, drohen peinliche Enthüllungen. »Sie wären überrascht, wie viele der Produzenten Republikaner sind«, meint der Pornostar Nina Harley.