Elend für alle

Hulk-Comic-Verfilmung

Dick, gewaltig, farblich wie Spinat! Nein, die Rede ist nicht von der deutschen Partei Die Grünen, sondern vom unglaublichen Comic-Helden Hulk, dem unter der Regie von Ang Lee mittels gängiger Spezialeffekte neues Leben eingehaucht wird.

Aber: So weit ist der sechs Meter große Held nicht weg vom Thema Grüne: Schlimme Waffen spielen eine Rolle, manchmal weiß er nicht, was er getan hat, und einen Fahrradhelm trägt der geniale Atomphysiker Dr. Bruce Banner (Eric Bana), der sich in Stresssituationen in das grüne Monster mit der beschränkten Intelligenz verwandelt, auch. Außerdem hat man es mit einem biotechnologischen Problem zu tun und befindet sich nicht mehr im Genre des biopic, der filmischen Lebensgeschichtsschreibung, sondern im Reich des biohazardpic, der filmischen Lebensgeschichtsschreibung eines biologischen Unfalls. Also ein urgrünes Thema.

Vater Hulk (Nick Nolte), Waffenforscher in der Armee, pulte in den Genen seines Sohnes herum; eine intensive Gamma-Strahlung erledigte den Rest im Ökodrama um Dr. Bruce Banner. Es ist das Märchen vom zivilisatorisch eingezwängten Mann: Immer wenn er wütend wird, wird er groß und grün und dumm und schmeißt Panzer und Kampfhubschrauber wie Spielzeug zu Klump.

Wenn ein Mädchen ins Spiel kommt, tritt verschärfend die Liebe hinzu; in diesem Fall die Wissenschaftlerin Betty (Jennifer Connelly). Die Zweisamkeit bringt den größten Hulk zur Räson und sei es nur, um sich gemeinsamen Froschlurchexplosionen hinzugeben. Oder noch schlimmer: Nach einer Hulk-Nachtschicht beim Frühstücksei gibt es ein echtes Beziehungsgespräch: »Geht’s dir gut?« – »Ja, geht so.« Jedes Pärchen braucht heutzutage Interessen, die es miteinander teilt, oft auf Kosten anderer und der eigenen wie der fremden Natur. Dieses Verhalten hat sich durchgesetzt, genauso wie der Einsatz der schlimmen menschlichen Biowaffen und der Atomwaffen. Sie werden immer sorgloser und bei fast jedem Anlass im Hollywood-Kino eingesetzt.

»Tut mir so leid«, sagt Hulks Gegenspieler (Sam Elliott), der alte General und Vater von Betty, zu seiner Tochter, nachdem es zwischen beiden schwer gerappelt hat. Es gibt nicht nur den Vater-Tochter-Clash, sondern auch noch den Vater-Sohn-Stress. Hulks Vater bekundet gegenüber seinem Sohn: Ich hätte dich töten sollen!

Und so war ja auch der grüne Aufbruch, zu Wasser, zu Land und in der Luft ein Generationenkonflikt. Wer den am Ende gewonnen hat, ist auch im »Hulk« ziemlich unklar. Tatsache ist: Keiner kommt ohne Blessuren davon. So scheint uns Ang Lee mit seinem leicht durchschnittlichen Film über Leute, die es – noch – nicht gibt, sagen zu wollen (und so sagten es die Marvel-Comics »Hulk« und »X-Men« schon immer ): Leben ist Elend für alle. Denn mit dem Seelenleben ist es so: Regt es sich, stehen die Ordnungskräfte schon vor der Tür, packen es in extraharten Füllschaum und stecken es in eine eigene Kiste. Und vergraben sie anschließend im Keller der US-Army. Da gehören sie hin, die Träume von Freiheit, Allmacht und unbegrenzter Kraft. Schon aus Platzmangel können sie dort nicht bleiben – manche Kreaturen wird man nie mehr los. Und wo endet das Engagement als grüner Superheld? Logo, im Regenwald.

jürgen kiontke

»Hulk« (USA 2002). Regie: Ang Lee

Start: 3.Juli