Nachrichten

Britain first

Großbritannien. Am 21. und 22. Juni kam es in Wrexham, der größten Stadt in Nordwales, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen meist jugendlichen Einheimischen, Asylbewerbern und der Polizei. Nach Augenzeugenberichten wurde am Sonntag zunächst eine Scheibe eines Asylbewerberheims eingeworfen. Als daraufhin Bewohner die Angreifer verfolgten, eskalierte die Situation. Eine Gruppe von 200 Personen griff das Heim mit Brandbomben und Feuerwerkskörpern an, auch die eingetroffene Polizei wurde attackiert. Ein Flüchtling wurde zusammengeschlagen und mit lebensbedrohlichen Kopfverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Sieben Personen, sowohl Asylbewerber wie Angreifer, wurden festgenommen. Nach Informationen einer lokalen antirassistischen Gruppe bestand der Mob zum Teil aus Neonazis von der British National Party (BNP) und Hooligans der lokalen Gruppe Wrexham Frontline.

Auch am folgenden Tag hielten die Auseinandersetzungen mit der Polizei an, obwohl die Flüchtlinge auf Städte in der Umgebung verteilt worden waren. Und wer ist schuld? »Die Regierung«, weiß eine Anwohnerin zu berichten. »Ihretwegen müssen wir die Flüchtlinge hassen, weil sie so bevorzugt behandelt werden.«

Folter und Mord

Frankreich. Jetzt ist es gerichtlich bestätigt, dass man ihn öffentlich der Folter bezichtigten darf. Jean-Marie Le Pen, der Vorsitzende des rechtsextremen Front National, diente 1957 als Offizier im Krieg gegen die algerische Unabhängigkeitsbewegung. Unmittelbar vor der Stichwahl zur französischen Präsidentschaft im Mai des vergangenen Jahres veröffentlichte die Pariser Tageszeitung Le Monde Zeugenaussagen aus jener Zeit. Darin beschuldigte Mohammed Scherif Moulay den rechtsextremen Politiker, seinen Vater Ahmed Moulay, der damals der algerischen Befreiungsfront angehörte, zu Tode gefoltert zu haben. Le Pen habe ihm literweise Seifenwasser eingeflößt, ihn durch Stromstöße gefoltert und danach erschossen. Moulay gab an, als Kind die Geschehnisse in seinem Haus heimlich beobachtet zu haben. Le Pen klagte gegen die Zeitung, ein Jahr später kam es zum Prozess. Dabei musste er eine unangenehme Überraschung erleben: Der Zeuge konnte in der Verhandlung den Armeedolch präsentieren, den Le Pen am Ort des Geschehens vergessen hatte. Er trägt tatsächlich eine Inschrift mit dem Namen und dem militärischen Dienstgrad Le Pens. Die Echtheit wurde bestätigt. Le Monde wurde am vergangenen Donnerstag freigespochen. Le Pen kann jedoch für seine Taten nicht mehr belangt werden, sie sind in Frankreich bereits verjährt.

Dichte Grenzen

Polen/Ukraine. Polen bereitet sich auf den EU-Beitritt vor. Dazu gehört auch die obligatorische Umsetzung des Schengener Abkommens. Eigentlich sollte die Visapflicht für ukrainische Staatsangehörige bereits diese Woche eingeführt werden, nun wurde dies auf Oktober verschoben. Auf einem ukrainisch-polnischen Geschäftsforum Ende Juni in Odessa (Ukraine) erklärte der polnische Staatspräsident Alexander Kwasniewski, dass die Visa kostenlos ausgestellt werden und eine mehrmalige Ein- und Ausreise erlauben sollen. Ende April hatte die ukrainische Presse berichtet, dass die polnischen diplomatischen Vertretungen in Weißrussland, Russland und der Ukraine organisatorisch noch nicht in der Lage seien, die Visa auszugeben. So gebe es in den Konsulaten keine Räume für die notwendigen neuen Mitarbeiter oder für Computeranlagen.

Für Grenzbewohner, die im polnischen Nachbarland Handel treiben, bedeutet die Visumspflicht einen erheblichen Aufwand. Der größte Ansturm auf die Visa wird wegen der Grenznähe im Konsulat in L’viv erwartet. Bei den Schlangen, die sich vor dem Konsulat bilden werden, ist absehbar, wie hoch das Schmiergeld sein wird, um das »kostenlose« Visum zu erhalten. Der ukrainische Ministerpräsident Kutschma meinte auf dem Treffen, dass sich Polen und die EU wegen der Sicherung der Grenzen auf sein Land verlassen könnten. Gegenwärtig beteiligt sich die Ukraine gemeinsam mit Polen an der militärischen Präsenz im Irak und verhandelt mit der Regierung in Warschau über die Trasse einer Ölpipeline.

Alle für einen

Türkei/Zypern. Für gewöhnlich erkennt die Türkei die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte schon an. Mit derselben Regelmäßigkeit, mit der am Bosporus bei Polizeiverhören und in Gefängnissen gefoltert wird, verurteilt das Strasbourger Gericht die Türkei zu Entschädigungszahlungen, die die Regierung in Ankara auch leistet. Anders im Fall von Titina Loizidou: Wie 180 000 griechische Zyprioten auch, musste sie 1974 nach der Invasion türkischer Truppen auf den Nordteil der Insel in den griechischen Süden fliehen. 1998 gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ihrer Klage recht und verurteilte die Türkei dazu, ihr eine Entschädigung von 650 000 Dollar für den Verlust ihres in Nordzypern zurückgelassenen Grundbesitzes zu zahlen. Ankara hat das Urteil bislang ignoriert. Nun heißt es in Strasbourg, die türkische Regierung habe die Überweisung an Loizidou für Oktober in Aussicht gestellt – unter der Bedingung, dass die 450 beim Gerichtshof anhängigen ähnlichen Klagen zurückgezogen werden.