Ehrenwerte Geschäfte

Krimi über die Berliner Bankgesellschaft

Was ist schon ein Bankraub gegen die Gründung einer Bank? Dieses Zitat von Bertolt Brecht ist zwar nicht neu, aber immer noch nicht verkehrt. Das müssen sich zumindest die BerlinerInnen denken, wenn sie vier Euro Eintritt fürs Freibad bezahlen, während 70 000 Fondseigner ihre Renditen genießen. Mit einer Risikoabschirmung von 21,6 Milliarden Euro verhinderte die Stadt Berlin die Pleite der Bankgesellschaft Berlin, und ist jetzt selbst pleite.

Den Aufstieg und Fall des Berliner Bankenkonsortiums beschreibt der aus den USA stammende Mathew D. Rose detailreich und akribisch recherchiert in der Form eines echten Krimis. In atmosphärisch dichten Szenen schildert er, wie sich Anfang der neunziger Jahre die »ehrenwerte Gesellschaft« aus PolitikerInnen der SPD und der CDU in Berlin nach dem Fall der Mauer und dem Verlust der Subventionen aus Westdeutschland neu zusammenfand. Gemeinsam versuchten sie, aus drei kleinen Berliner Regionalbanken einen global player zu machen. Vom Umzug der Regierung erhoffte sich »die Berliner Oligarchie« den Aufstieg Berlins zur Weltmetropole.

Nicht alle Personen, die im Buch auftauchen, wollen jedoch zur »ehrenwerten Gesellschaft« gezählt werden. Manfred Schoeps, ehemaliger Geschäftsführer der Immobilienfirma der Bankgesellschaft, erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen den Transit-Verlag. Zurzeit dürfen nur Exemplare mit geschwärzten Stellen ausgeliefert werden.

Die literarische Figur des einsam ermittelnden Detektivs spielt der Autor und Erzähler Rose selbst. »In dieser Formation, ein kleiner Verlag und sein Autor, ziehen wir wie David ins Feld, um gleich mehrere Goliaths herauszufordern.« Und wie in jedem Krimi kündigen scheinbare Belanglosigkeiten wie der Zusammenbruch eines Neuseeländers auf dem Londoner Flughafen drohendes Unheil an: »In diesem Moment beginnt eine Kette von Ereignissen, die bald darauf zu dem vorzeitigen Niedergang der Bankgesellschaft Berlin führt.«

Denn weil aus seinem Weihnachtsurlaub in England nichts wurde, recherchierte der für den Spiegel und das Politmagazin »Kontraste« tätige Journalist Ende des Jahres 2000 Betrugsfälle bei Heizkostenabrechnungen in Plattenbausiedlungen. Dort fand er die Spur, die ihn zu der an sich lächerlichen Spende von 40 000 Mark der Aubis-Manager an den Berliner CDU-Politiker Klaus Landowsky führte. Nach immer neuen Enthüllungen, auch anderer Journalisten, kamen am Ende der größte Bankenskandal in der Geschichte der Bundesrepublik und der Sturz der rot-schwarzen Berliner Landesregierung.

Eine Stärke von Rose ist es, die einzelnen Täter, ihre konkreten Entscheidungen und ihre strafrechtliche Verantwortung zu benennen. Doch er tut so, als hätte man nur ein paar Ganoven besser kontrollieren und ihnen frühzeitig das Handwerk legen müssen, und alles wäre ganz anders gekommen. Das Grundproblem aber erkannte schon Erasmus von Rotterdam: »Stiehlt einer ein Geldstück, so hängt man ihn. Wer öffentliche Gelder unterschlägt, wird unter die vornehmen Leute gerechnet.«

christoph villinger

Mathew D. Rose: Eine ehrenwerte Gesellschaft. Die Berliner Bankgesellschaft. Transit-Verlag, Berlin 2003, 192 S., 16,80 Euro