Freundliche Nachbarn

Australische Interventionspolitik von martin kröger

Australiens Premierminister John Howard weiß genau, wie ein stabiler Staat auszusehen hat. »Die Realität ist, dass selbst beim besten Willen viele dieser Staaten zu klein sind, um allein überlebensfähig zu sein«, sagte der konservative australische Regierungschef über eine Reihe pazifischer Ministaaten bei der Verabschiedung der australischen Interventionsstreitkräfte am Donnerstag der vergangenen Woche.

Die über 2 000 Mann starke Eingreiftruppe, bestehend aus australischen Soldaten und Polizisten sowie kleineren Kontingenten aus Neuseeland und anderen pazifischen Staaten, soll »Gesetz und Ordnung« in dem kleinen Inselstaat der Solomonen wiederherstellen. Die Operation trägt den Codenamen »Helpem Fren«, ein Pidgin-Ausdruck für »einem Freund helfen«.

Die knapp 500 000 EinwohnerInnen der Solomonen leiden seit 1998 unter einem Bürgerkrieg, der zwar offiziell seit drei Jahren durch einen Friedensvertrag beendet ist, aber faktisch von den Angehörigen diverser Milizen weitergeführt wird. Premierminister Sir Allan Kemakeza wandte sich nun hilfesuchend an den großen Nachbarn und rief zu der Intervention auf. Die australische Regierung nahm die Einladung freudig an. Die Zeit sei gekommen, so Howard, eine Strategie für eine »gemeinschaftliche regionale Regierung« zu entwickeln, deren erster Teil der Einsatz auf den Solomonen sein soll.

»Die Mission wird nicht nur für die Solomonen erfolgreich sein«, prophezeite Howard. Es werde »ein Zeichen an die anderen Staaten gesandt, dass Hilfe verfügbar ist, wenn sie gesucht wird«. Außenminister Alexander Downer stellte klar, dass man nicht immer auf einen Hilferuf warten muss. In Zukunft werde Australien militärisch intervenieren, wo immer und wann immer die nationalen Interessen auf dem Spiel stehen: »Souveränität ist aus unserer Sicht nicht absolut.«

So existiert für den aktuellen Einsatz kein UN-Mandat. Der Hilferuf der faktisch machtlosen solomonischen Regierung und ein Abkommen mit derselben reichen als Legitimation für die australische Regierung aus. Und die Intervention beschränkt sich nicht auf die Wiederherstellung der staatlichen Ordnung durch Soldaten und Polizisten. Zu sehr scheint die solomonische Regierung durch Korruptionsvorwürfe kompromittiert zu sein. Fast 100 Bürokraten aus Australien übernehmen nach dem militärischen Einmarsch zentrale Positionen innerhalb der Zivilverwaltung des Inselstaates.

Kritik an dieser offensichtlichen Entmachtung der gewählten Regierung ist nicht erwünscht. Nick Warner, hochrangiger australischer Diplomat und Leiter der Interventionsstreitmacht, sagte allen potenziellen Gegnern, dass dies »die letzte Chance« für die Solomonen sei und niemand sich gegen die Interventionstruppen erheben solle. Ein solcher militärischer Einsatz sei derart teuer, dass er sicherlich nicht wiederholt würde.

Die Warnung dürfte insbesondere an die Milizionäre der so genannten Befreiungsfront von Guadalkanal, einer der beiden wichtigsten bewaffneten Gruppen im Bürgerkrieg, gerichtet sein. Sie haben sich vor den australischen Einheiten in die unwegsamen Dschungelgebiete zurückgezogen und sind nun von ihren Einnahmequellen aus Raub und Erpressung abgeschnitten.

John Howard ließ jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, dass Australien einen längeren Einsatz geplant hat. »Der Einsatz der Polizeikräfte«, so der Premier, »könnte sich schon über ein oder zwei, vielleicht noch mehr Jahre hinziehen.« Schließlich kann die neue regionale Hegemonialstrategie nicht in ein paar Wochen Erfolg haben.