Ruhig gestellt

Toter Schwarzer in Wien von oliver weiss

Wieder einmal ist in Österreich ein Schwarzer bei einer polizeilichen Amtshandlung ums Leben gekommen. Der 33jährige Mauretanier Cheibani W. hat Mitte Juli seine »Beruhigung« durch die Polizei und ein Notarztteam des Wiener Rettungsdienstes nicht überlebt. Der psychisch labile Mann hatte im Afrikakulturdorf des Wiener Stadtparks zu toben begonnen und musste daraufhin von den Besatzungen zweier Funkstreifen überwältigt werden. Die Polizeibeamten legten den Mann auf den Boden und stellten sich gemeinsam mit einem Team des Wiener Rettungsdienstes einfach auf ihn, bis er zu Tode beruhigt war. Ein Amateurvideo von der letalen Amtshandlung zeigt, dass eine Polizeibeamtin und Mitglieder des Rettungsteams teilweise mit den Händen in den Hosentaschen auf dem auf dem Boden liegenden Mann stehen, als wäre er eine Jagdtrophäe, und ansonsten nichts tun.

Dass Amtshandlungen der Exekutive besonders für Schwarze manchmal tödlich enden, ist spätestens seit dem Erstickungstod des Nigerianers Marcus Omofuma während seines Abschiebefluges im Jahr 1999 nichts Neues. Dass aber selbst ausgebildete Mediziner sich eher als Hilfssheriffs verstehen, als einem offensichtlich psychisch Verwirrten ärztliche Hilfe zukommen zu lassen, und in Tatgemeinschaft mit der Polizei eine offensichtlich übertriebene »Ruhigstellung« durchführen, lässt zumindest den Schluss zu, dass da jemand seinen Job gründlich falsch verstanden hat oder verstehen wollte.

Immerhin hat der sozialdemokratische Wiener Bürgermeister Michael Häupl das Rettungsteam sofort vom Dienst suspendiert. Die an der Amtshandlung beteiligten Besatzungen der beiden Funkstreifen kurven aber weiterhin durch die Gegend. Mittlerweile schieben sich Rettungsdienst und Polizei gegenseitig die Schuld am nicht ganz gewaltlosen Tod des Mauretaniers zu. Österreichs Innenminister Ernst Strasser hat sich bislang geweigert, die Beamten zu suspendieren, weil das dem Gerichtsverfahren vorgreifen würde und eine Vorverurteilung wäre. Eine trübsinnige Argumentation, denn disziplinarische Maßnahmen bis zur endgültigen Klärung des Vorfalls durch die Justiz sind keineswegs eine Vorverurteilung, sondern bei Amtshandlungen mit Todesfolge schlicht notwendig. Doch was hier ausbricht, ist seuchenhafter Korpsgeist innerhalb der Exekutive. Eigentlich müsste einem Innenminister daran gelegen sein, den Ruf seiner Exekutive nicht zu ruinieren, indem er praktisch bei jedem derartigen Vorfall blanko eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für Polizisten ausstellt, deren Verhalten zumindest untersuchungswürdig ist.

In der Nacht zum Dienstag der vergangenen Woche brannte es übrigens im Afrikakulturdorf im Wiener Stadtpark. Die provisorische Gedenkstätte für den zu Tode gekommenen Mauretanier wurde dabei zerstört. Nach Angaben der untersuchenden Behörde lässt einiges auf Brandstiftung schließen. Mittlerweile fordert das für den Wiener Park zuständige Stadtgartenamt die Schließung des Afrikakulturdorfes. Dort komme ohnehin niemand mehr hin. Der Fall Cheibani W. ist auf dem besten Weg in die kollektive Verdrängung.