MAD in Kabul

Geheimdienst out of area von frank brendle

Hans-Christian Ströbele von den Grünen hat wieder einmal das Schlimmste verhindert: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) darf künftig im Ausland spionieren, aber nicht so richtig.

Es sei für die Sicherheit deutscher Soldaten im Ausland unverzichtbar, sie unter den Schutz des MAD zu stellen, beschloss das Bundeskabinett in der vergangenen Woche. In der Vergangenheit brillierte der MAD etwa damit, vermeintlich schwule Offiziere fertig zu machen (Günter Kießling, 1984) oder V-Leute in Nazikreise einzuschmuggeln, aber nichts zu merken, wenn Naziführer vor der Führungsakademie der Bundeswehr Vorträge hielten (Manfred Roeder, 1995).

Den ersten Vorschlag des rot-grünen Kabinetts in Sachen »MAD out of area« ließ Ströbele Anfang des Jahres 2002 noch abblitzen. Ein weiterer Auslandsgeheimdienst, zusätzlich zum Bundesnachrichtendienst (BND), sollte nicht entstehen, und damit auch keine amerikanischen Verhältnisse, in denen sich die Geheimdienste gegenseitig in die Quere kommen und am Ende keiner mehr den Durchblick hat.

Nun gibt sich Ströbele damit zufrieden, dass der MAD der Bundeswehr zwar nach Afghanistan, auf den Balkan und wohin auch sonst folgen, aber die Kasernengelände dort nicht verlassen darf. Vor allem die einheimischen Zivilangestellten der Bundeswehr an den Einsatzorten sollen bespitzelt werden. Das geht aber nicht, wenn der Geheimdienst ständig in der Kaserne hockt. Man will ja wissen, ob sich die Reinigungskraft nach Feierabend mit Abgesandten Bin Ladens zum Grüntee trifft oder ob die Verwandtschaft zu Hause mit Sprengstoff übt. Das soll nun künftig, so das Gesetz, der BND überprüfen und am nächsten Morgen den Kollegen vom MAD mitteilen.

Wieso man die Aufgabe nicht gleich ganz dem BND überlässt? Der kann das nicht, weil er nämlich keine »qualifizierte Abwehrarbeit« leistet, wie der MAD das tut, sondern nur »strategische Lageaufklärung« betreibt. So hieß es jedenfalls in der früheren Gesetzesbegründung. Und wieso soll es der BND jetzt trotzdem machen? Weil Ströbele das so im Gesetz stehen haben wollte. Und vielleicht auch, weil der Leiter des BND, August Hanning, auf den Tisch klopfte und nicht tatenlos zusehen wollte, wie ihm vom MAD die Arbeit weggenommen wird.

Aber glaubt irgendwer, dass dieser Gesetz gewordene Quatsch auch eingehalten wird? Nein, denn dass es dem MAD im Prinzip egal ist, was er darf, ist kein Geheimnis. In Afghanistan ist er eingestandenermaßen schon längst, und nun bleibt er eben dort. Die relative Anpassung des Gesetzes an die Realität ist ein völlig normaler Vorgang in der Logik einer militaristischen Außenpolitik.

Selbstverständlich hat es, wer Krieg in einem anderen Land führt, mit jeder Menge Verdächtiger zu tun, und selbstverständlich will er mit allen, auch geheimdienstlichen, Mitteln verhindern, dass die eigenen Soldaten dabei draufgehen. Eine effektive Kontrolle gibt es nicht. Das parlamentarische Kontrollgremium tagt nur alle halbe Jahre, aber selbstredend geheim. Mit dabei ist stets Ströbele. Früher wollte er die Geheimdienste auflösen. Jetzt hat er sein Bestes gegeben, Deutschland hat zwei Auslandsgeheimdienste, und Kriegsminister Peter Struck kann zufrieden sein.