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Kettenreaktion

Pakistan/Iran/Saudi-Arabien. Wenn ein Staat sich erst mal in den Club der Atommächte geschlichen hat, ist ein Rausschmiss unwahrscheinlich. Indien hat es geschafft, Pakistan auch. Aufgrund einer Sperrklausel im Atomwaffensperrvertrag wird ihr Status zwar nicht offiziell anerkannt. Dies hält sie aber nicht davon ab, sich in den Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wählen zu lassen, die für die weltweite Überwachung der Nuklearanlagen zuständig ist und die Weiterverbreitung von Atomwaffen verhindern soll. Pakistan hat sich in der vergangenen Woche seinen Sitz in dem Gremium bis 2005 gesichert und sein Vertreter Parvez Butt wird sich der pakistanischen Tageszeitung The News zufolge für fortgeschrittene Nukleartechnik in den Entwicklungsländern einsetzen.

Damit spricht Butt auch im Interesse des Iran. Der friedliche Charakter des iranischen Atomprogramms ist von der IAEA immer wieder bezweifelt worden. Deutschland, Frankreich und Großbritannien bieten dem Iran nun ihrerseits technische Hilfe an, um die zivile Nutzung voranzubringen, vorausgesetzt, er lässt kurzfristige Kontrollen zu und verzichtet auf den Bau von Atombomben.

Die Saudis wollen einem Bericht des Guardian zufolge da nicht ins Hintertreffen geraten. Ein Strategiepapier, das derzeit an höchster Stelle in Saudi-Arabien diskutiert werde, enthalte drei Optionen: Das Streben nach einem atomwaffenfreien Nahen Osten, eine Allianz mit einer anderen Atommacht und eine eigene »nukleare Option«. Bisher beruhte die Sicherheitspolitik des Landes auf einem Bündnis mit den USA, die seit der Truman-Doktrin von 1947 als »Schutzmacht« im Nahen Osten auftreten. Doch in letzter Zeit wachsen die Spannungen mit den USA.

Offenbar bemüht sich die Regierung in Riad auf diplomatischen Wegen, die Bindung an die USA zu lockern und ist deshalb auf der Suche nach einer neuen atomaren Schutzmacht. Bei seinem Moskau-Besuch stellte Kronprinz Abdullah der Tageszeitung Gulf News zufolge Russland die Mitgliedschaft in der Organisation Islamischer Staaten in Aussicht und erkannte ausdrücklich die russische Souveränität über Tschetschenien an.

Heimkehr der Vertriebenen

Afghanistan. »Die Taliban sind sehr lebendig«, erklärte Azmatullah, einer ihrer örtlichen Kommandanten, den nach Chaman gereisten Journalisten von Asia Times Online, »in unserem Land ist jeder ein Taliban.« Letzteres dürfte übertrieben sein, doch nach einem Monat schwerer Kämpfe haben Einheiten der Taliban die Distriktstadt Barmal in der Provinz Paktika eingenommen. Die Umgebung der Stadt, rund 15 Kilometer von der Grenze zu Pakistan entfernt und 220 Kilometer südöstlich von Kabul, wird inzwischen vollständig von den Taliban kontrolliert. Die auf Seiten der Regierung kämpfenden Milizen haben sich in den Nachbardistrikt Orgun und die angrenzende Provinz Paktia zurückgezogen.

Inzwischen wird der nahe gelegene US-amerikanische Stützpunkt Shkin täglich mit Raketen und Granaten beschossen. Am Donnerstag der vergangenen Woche kam es zu stundenlangen Feuergefechten in der unmittelbaren Umgebung der Militärbasis. Der pakistanischen Daily Times zufolge bombardieren US-Jets nun vermehrt Ziele an der afghanisch-pakistanischen Grenze, wobei häufig Bomben auf der pakistanischen Seite einschlagen.

Konferenz in Jalta

Ukraine. Unterzeichnet wurden bei den Treffen der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) schon viele Abkommen, verwirklicht aber nur die wenigsten. Nun aber haben sich die Mitgliedsstaaten Russland, Weißrussland, Ukraine und Kasachstan beim 36. Gipfeltreffen der GUS am Freitag der vergangenen Woche in Jalta auf die Errichtung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes geeinigt. Das Abkommen beinhaltet eine einheitliche Außenhandelspolitik, so wollen sie beispielsweise ihre Positionen in den WTO-Beitrittsverhandlungen untereinander besser koordinieren und den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Arbeitskräften und Kapital ermöglichen. Von besonderem Nutzen ist die Vereinbarung für die russische Wirtschaft, die sich langsam von ihrer Krise nach dem wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruch der Sowjetunion erholt und einen wachsenden Bedarf nach Rohstoffen und Industriegütern aus ihren Nachbarstaaten entwickelt.

Die Präsidenten der vier Gründerstaaten betonten, dass auch andere Staaten der Gemeinschaft beitreten könnten, wobei es diesen freigestellt würde, wie weit sie an den einzelnen Integrationsschritten teilnähmen.

Feuriger Generalstreik

Nepal. Ungewohnt ruhig war es in Katmandu während des dreitägigen Generalstreiks, zu dem die maoistischen Rebellen aufgerufen hatten. Klare Luft wehte durch die Hauptstadt, der Straßenverkehr ruhte, Schulen und Geschäfte blieben geschlossen. Alle Inlandsflüge wurden abgesagt, hunderte Reisende saßen auf den Flughäfen fest.

Anders die Situation auf dem Lande: Am Mittwoch der vergangenen Woche zündete ein Rebellentrupp die Farm des Premierministers Surya Badahur Thapa im Morang-Distrikt an, tags darauf wurden andernorts das Geburtshaus des Erziehungs- und Sportministers und ein Haus des Königs eingeäschert. Gleichzeitig intensivierten sich die Kämpfe im westnepalesischen Golpa-Distrikt, der Hochburg der Maoisten. Regierungssoldaten töteten dort mindestens 50 Rebellen. Die Verhandlungen über eine Entmilitarisierung des Konflikts und politische Reformen waren Ende August von den Maoisten abgebrochen worden, weil sich die Regierung geweigert hatte, eine verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Seitdem sind nach Angaben nepalesischer Menschenrechtsgruppen mindestens 227 Menschen getötet worden. Bei dem seit 1996 andauernden Bürgerkrieg in Nepal starben bereits mehr als 8 000 Menschen.