Böse Anarchisten

Repression in Griechenland

Drei Monate nach den Demonstrationen gegen den EU-Gipfel in Thessaloniki im Juni beweist Griechenland, dass es sich mit globalisierter Repression gut auskennt. 29 Personen wurden damals verhaftet. Zwei Spanier, ein syrischer Emigrant, ein Engländer und drei Griechen sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Allen während der Proteste Verhafteten wird u.a. Landfriedensbruch, Waffengebrauch, Sachbeschädigung und die Verwendung von Brandsätzen vorgeworfen. Die Anklagepunkte reichen aus, sie für 20 Jahre hinter Gitter zu bringen. Durch die Hintertür wurde zudem eine Art von Kollektivschuld eingeführt. Für die Anklage ist nämlich es völlig egal, wo und unter welchen Umständen jemand festgenommen wurde.

Der Verstoß gegen die Grundrechte durch folterartige Schikanen auf der Polizeiwache, die Verweigerung von medizinischer Betreuung oder Dolmetschern und die viele Stunden andauernde Kontaktsperre ist einer der Punkte, der den symbolischen Sieg der Repression markiert. Getragen von einem gesellschaftlichen Konsens, zu dem zum ersten Mal auch die parlamentarische Linke beitrug (Jungle World, 23/03), fühlten sich Polizei und Justiz berechtigt, derart arrogant und brutal aufzutreten.

Um dem etwas entgegenzusetzen, erklärten etliche Gruppen den 23. August zum internationalen Solidaritätstag. In zehn griechischen Städten wie auch in Madrid, Barcelona und anderen Orten in Spanien und Österreich fanden Demonstrationen, Solidaritätskonzerte und Informationsveranstaltungen statt.

Unter den Verhafteten befanden sich auch zwei Österreicher, die inzwischen gegen Kaution freigelassen wurden. Für die noch Inhaftierten sieht es dagegen schlecht aus. Ein erster Antrag auf Freilassung gegen Kaution wurde bereits abgelehnt. Die Untersuchungshaft kann 18 Monate dauern, was aber bisher bei politischen Gefangenen noch nie der Fall war. Allerdings könnten die Aussagen der Polizisten und die Hetze in den Medien, die ein Horrorbild der Demonstranten malten, dazu führen, dass es diesmal dazu kommt.

Die im Vergleich mit ähnlichen Gipfeltreffen verhältnismäßig geringen Sachschäden wurden zur Verleumdung sämtlicher Gegenaktivitäten und zur Kriminalisierung aller Verhafteten benutzt. So viel Blech, wie vor dem Treffen zum Schutz aller Läden im Stadtzentrum eingesetzt wurde, so viel Tinte war danach nötig, um die »vandalischen Vorgänge« zu schildern. So wurde z.B. einer der zwei spanischen Gefangenen von den Medien als »international gesuchter baskischer Anarchist« dargestellt. In Wahrheit ist er gar nicht baskischer Herkunft, geschweige denn, dass er international gesucht wurde.

Wegen des Anfang September fehlgeschlagenen Paketbombenanschlags auf die griechische Botschaft in Madrid verhaftete die spanische Guardia Civil vor zwei Wochen in Barcelona sechs Anarchisten. Die Regierung informierte die Öffentlichkeit erst am Nachmittag. Die Presse veröffentlichte jedoch schon in den frühen Morgenstunden die Namen, Adressen und persönlichen Daten der Gefangenen sowie Fotos von ihren Wohnungen. Einige griechische Zeitungen bemühen sich nun, eine Verbindung zu den im Juni Verhafteten herzustellen, um die Demonstrationen gegen den EU-Gipfel weiter zu kriminalisieren.

harry ladis