Weißer Retter

ich-ag der woche

Böse Stimmen behaupten, es habe sich um einen typischen Todesbiss in den Hals gehandelt. Der weiße Tiger Montecore, einer der Stars in der berühmten Glitzer-Show »Siegfried & Roy«, habe den günstigsten Augenblick genutzt, um seinen Dompteur Roy Horn mutwillig zu töten, als dieser ausrutschte und zu Boden fiel. Mitten in einer Veranstaltung mit 1 500 Zuschauern. Horn habe Montecore angeblich zuvor mit einem Mikrophon in aller Öffentlichkeit geschlagen. Doch das sind wohl nur böse Unterstellungen.

Montecore wollte Roy schützen, verteidigt der Magier Siegfried Fischbacher den bengalischen Tiger. Dieser habe Roy am Nacken von der Bühne gezerrt. So wie Raubkatzen auch ihre Tigerjungen in Sicherheit bringen. Horn habe noch geflüstert: »Tut dem Tier nichts an.« Der 270 Kilo schwere Montecore sei ein »großartiger Tiger«, sagt auch Manager Bernie Yuman.

Doch wovor wollte Montecore seinen langjährigen Futtergeber schützen? Vor dem ewigen Spott der Show-Szene, wo Siegfried und Roy als die Deutschen mit Löwenmähne galten, die vor dem Aussterben bedrohte Tiere quälen? Zahlreiche Komiker in Las Vegas haben jetzt endlich ihre klassischen Siegfried & Roy-Witze aus dem Programm gestrichen.

Oder wollte Montecore Roy vor einem ungnädigen Abstieg bewahren? Tiger wissen, wann es Zeit ist zu gehen. Las Vegas ist nicht mehr das, was es mal war. Es wird sogar gemunkelt, die Ära der Tier- und Zaubershows für die ganze Familie sei vorbei. Montecore hat es sicher gut gemeint. Nun sitzt er in einem Tiergehege, und an Roy Horns Krankenbett wacht kein Tiger, sondern ein Hund.

wibke bergemann