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Strike hard, live longer

USA. Gehen der US-Armee bald die Cruise Missiles aus? In dieser Woche werden 2100 Beschäftigte des Raketenproduzenten Raytheon Missile Systems darüber abstimmen, ob sie die von der Unternehmensführung geforderte Kürzung der Beihilfen zur Krankenversicherung akzeptieren oder in den Streik treten. In Kalifornien haben die Versuche, Verschlechterungen im Krankenversicherungs- und Rentensystem sowie die Einführung neuer Niedriglohngruppen durchzusetzen, bereits zu Arbeitskämpfen geführt.

Seit dem 11. Oktober streiken 70 000 Beschäftigte von Supermarktketten. Zwei Tage später legten 2 200 Beschäftigte der Metropolitan Transportation Authority in Los Angeles die Arbeit nieder. Kompromissbereitschaft zeigten die Unternehmen bislang nicht, die Gewerkschaften rechnen mit einem längeren Streik. »Wenn sie uns hier das Rückgrat brechen«, kommentierte Sean Harrigan von United Food and Commercial Workers, »werden sie es als Gelegenheit sehen, die Mitglieder der UFCW und ihre Gewerkschaftsverträge im ganzen Land auszuplündern. Dies ist ein wirklicher Wendepunkt.«

Neue Freunde, alte Schulden

Spanien/Irak. Ayad Allawi, Präsident des irakischen Regierungsrats, blieb freundlich. »Der Irak hat in den letzten Tagen viele neue Freunde gefunden«, sagte er zum Abschluss der so genannten Geberkonferenz in Madrid am vergangenen Freitag. Immerhin dreizehn Milliarden Dollar wollen Staaten und internationale Finanzinstitutionen in die Zukunft des Irak investieren, 20 Milliarden hatten die USA bereits zuvor zugesagt. Um die auf mehr als 55 Milliarden geschätzten Wiederaufbaukosten aufbringen zu können, fehlen also noch ein paar Dollar. Viele der neuen Freunde wie Japan, Saudi-Arabien, IWF und Weltbank wollen ihr Geld zudem zurück; die von ihnen versprochene Hilfe besteht überwiegend aus Krediten.

Deutschland und Frankreich wollen den Irakern nicht einmal Geld leihen, sondern vor allem die dem Regime Saddam Husseins gewährten Kredite wieder eintreiben. Da eine vollständige Begleichung der auf mindestens 200 Milliarden Dollar geschätzten Verbindlichkeiten den Wiederaufbau zur Illusion machen würde, befindet die US-Regierung sich nun in der ungewöhnlichen Situation, für die sonst eher von EU-Staaten befürwortete Schuldenreduzierung werben zu müssen.

Alte Freunde, neue Zusagen

Iran. Dem geballten Charme und der Überredungskunst gleich dreier europäischer Außenminister kann kein Ayatollah widerstehen. Joschka Fischer, Dominique de Villepin und Jack Straw reisten Anfang der vergangenen Woche nach Teheran, um das iranische Regime zu Zugeständnissen gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu bewegen. Die Iraner sagten zu, auch über bislang geheim gehaltene Teile ihres Atomprogramms Rechenschaft abzulegen, unangemeldete IAEA-Kontrollen zu gestatten und die Anreicherung von Uran vorläufig einzustellen.

Sollte das islamistische Regime diese Zusagen bis zum 31. Oktober, der von der IAEA gesetzten Frist, einhalten, wäre die internationale Krise um das iranische Atomprogramm zunächst entschärft. Die nukleare Infrastruktur bleibt jedoch erhalten und kann sogar ausgebaut werden, solange die Anlagen ihre Produktion nicht aufnehmen. Wie Deutschland und Japan wäre der Iran jederzeit in der Lage, mit seinen angeblich zivilen Nuklearanlagen Material für den Bau von Atombomben zu produzieren.

Anschlag auf Wolfowitz

Irak. Sonntagmorgen, kurz nach 6 Uhr, Bagdad: Einige Raketen schlagen im Rashid-Hotel ein. Dort hält sich der US-amerikanische Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz auf; er bleibt unversehrt, ein US-Soldat kommt ums Leben, mindestens 15 Menschen werden verletzt. Nach Augenzeugenberichten hat kurz zuvor ein weißer Pkw einen angehängten blauen Generator vor dem Hotel abgestellt, meldet die New York Times. Anstelle einer Maschine waren demnach in dem Generator 40 Raketenwerfer installiert – die Hälfte angeblich französischer, die andere Hälfte russischer Herkunft –, die ferngezündet wurden. »Angriffe wie diesen zu verhindern, ähnelt einer mission impossible«, kommentierte die New York Times am Sonntag, »wenn man nicht jedes Auto auf jeder Straße zu jeder Zeit stoppt.«

Kurz zuvor hatte das Boulevardblatt USA Today ein Memo, das US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für vier seiner Berater geschrieben hatte, veröffentlicht. Darin fragt er: »Gewinnen oder verlieren wir den Krieg gegen den Terror?« Mit al-Qaida habe man »gemischte Resultate«, heute fehlten jedoch die Maßstäbe, um zu wissen, ob man den globalen Krieg gegen den Terror gewinnen werde. Insider im Pentagon gehen davon aus, dass die Veröffentlichung des Memos gezielt lanciert wurde, möglicherweise um eine Abteilung zu schaffen, die die Aktivitäten diverser Ministerien und der Geheimdienste bündelt.

Guerilla spielt Vabanque

Liberia. Dass es wesentlich profitabler ist, eine Bank zu leiten, als sie zu überfallen, weiß auch die Führung der Guerillaarmee Lurd. Sie schickte deshalb Isaac Nyanebo in die Hauptstadt Monrovia, um den Posten des Vizevorsitzenden der Zentralbank einzunehmen. Im Friedensabkommen war das allerdings ebenso wenig vorgesehen wie die Entsendung zweier weiterer Lurd-Vertreter, die den Posten des Generalstabschefs der Armee und des Leiters des ebenfalls potenziell profitablen Amtes für Zölle und Verbrauchsteuern übernehmen sollten.

Gyude Bryant, der Vorsitzende der Übergangsregierung, schickte die Kandidaten am Donnerstag der vergangenen Woche wieder nach Hause. Am Tag darauf drohte der Lurd-Führer Sekou Damate Conneh mit einem Bruch des im August vereinbarten Friedensvertrages: »Wir wollen, dass Gyude Bryant zurücktritt. Wenn er nicht zurücktritt, wird es keinen UN-Einsatz in den Gebieten der Lurd geben und wir werden uns nicht entwaffnen lassen.«