Warum schweigt Gott?

Bischof Huber macht Karriere

Seit wir uns mit der Zähigkeit solcher Erscheinungen wie Friedrich Schorlemmer und Wolfgang Thierse herumzuschlagen haben, wissen wir, dass die Kombination aus Pfaffentum und Sozialdemokratie eine ist, die man nicht so schnell wieder loswird. Die neueste Prüfung dieser Art, die Gott uns auferlegt hat, heißt Wolfgang Huber, war bislang Bischof von Berlin-Brandenburg und ist seit voriger Woche Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Bekannt wurde Huber vor allem dadurch, dass er sich »mit pointierten Beiträgen« und »klugen Einwürfen oft und gern in die Tagespolitik einmischt« (taz). Wie klug und pointiert der »linksliberale« (taz) Huber sprechen kann, sei hier kurz illustriert.

In seiner Predigt zum Tag der deutschen Einheit warb er dafür, dass »die eigene Seele sich öffnet und etwas von der Liebe und Güte zurückströmen lässt, die wir empfangen«, und wendete sich gegen die »Haltung des wehleidigen Maulens und miesepetrigen Kleinmuts«. Was den Abbau des Sozialstaats betrifft, sprach er sich für »Einschnitte« aus. Denn wer sich gegen sie wehre, »versündige« sich an späteren Generationen.

Auch eine Prise christlicher Fundamentalismus darf natürlich nicht fehlen. Als normal gilt, »dass Menschen auf das Miteinander von Mann und Frau angelegt sind. Dieses Miteinander schließt ein, dass Kinder heranwachsen«, meint Huber. Was hingegen gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften angeht, ist er dagegen, »alles zu egalisieren«.

Darüber hinaus sieht er sich dem »christlichen Verantwortungspazifismus« verpflichtet, ist im Zweifelsfall aber auch für den »Einsatz von Militärgewalt und von deutschen Soldaten«, wenn alles »so gut begründet wie irgend möglich abläuft«.

Weil Bischof Huber also tagtäglich ungefähr das sagt, was alle anderen seines Schlages auch sagen, gilt er als »intellektueller Überflieger« (Tagesspiegel), »scharfer Analytiker«, »brillanter Redner« (Hamburger Abendblatt), »brillanter Intellektueller«, »intellektuell und eloquent«, »präzise im Denken« (Frankfurter Rundschau) bzw. als »Intellektueller« und »kluger, kantiger Kopf« (taz), der ein »kantiges Profil« (Frankfurter Rundschau) hat. Er »gehört zu den wenigen brillanten Köpfen des Protestantismus in Deutschland« (taz) und »kann brillant reden und geschliffen formulieren« (Berliner Zeitung). Kurz gesagt: »Huber gäbe einen modernen evangelischen Papst ab« (Frankfurter Rundschau), wovor uns Gott bewahren möge, denn der katholische reicht uns.

Entweder wir haben es hier mit einem Jahrhundertgenie zu tun, oder aber es verhält sich so: Findet sich einer, der sich selbst gerne bei Sonntagsreden zuhört, der mehrere einander widersprechende Überzeugungen gleichzeitig hat und der auch sonst nicht gerade der Hellste ist, wird er hierzulande der Liebling der Medien, Bundespräsident oder Parteivorsitzender, mindestens aber Vorsitzender der evangelischen Kirche.

Für eines, was Bischof Huber getan hat, kann er jedoch gar nicht genug gelobt werden. Vor zehn Jahren verzichtete er auf eine Bundestagskandidatur für die SPD. Allerdings wird er »weiter in Talkrunden das christliche Menschenbild verteidigen« (Frankfurter Rundschau). Genau das ist es, was wir befürchtet haben.

thomas blum