Hallo Welt!

Weltinformationsgipfel in Genf von tilman baumgärtel

In Indien ist es das Gebäude von Air India, in Rio de Janeiro die Morro dois Irmãos, in New York das Uno-Gebäude und in Genf ist es ein Brunnen. Drei Tage lang können Internetnutzer über das Web eine Kurzbotschaft senden, die an diesen Orten mit giftgrünem Licht auf eine Wand projiziert wird. »Hello World« heißt die Aktion des Schweizer Künstlers Johannes Gees.

Sie ist ein Kunstgeschenk der Schweizer Regierung an den Weltinformationsgipfel, der vom 10. bis zum 12. Dezember in Genf stattfindet. Auf der Konferenz geht es »um den Zugang zu Informationen im digitalen Zeitalter«, wie es in der Ankündigung heißt. Leider ist diese Kunstaktion den Zielen des Gipfels näher als das Dokument, das in Genf nun verabschiedet werden dürfte. Die »interaktive, internationale Gruppen-Performance« erlaubt es jedermann, sich frei und unzensiert zu äußern. Sie bietet »access of all« wenigstens jenen, die einen Computer und Zugang zum Internet haben. Dass das in großen Teilen der Welt nicht der Fall ist, nimmt die Aktion wenigstens insofern zur Kenntnis, als sie auch in zwei Ländern stattfindet, in denen ein Internetzugang immer noch das Privileg einer Minderheit ist: Brasilien und Indien.

An so viel Offenheit könnten sich die Delegierten des Weltinformationsgipfels ein Beispiel nehmen. Weder kommen alle Erdenbürger durch ihre Erklärung dem unbehinderten Zugang zu Information redenswert näher, noch wird ihnen Meinungsfreiheit garantiert. Zwei Jahre wurde von Regierungsvertretern an einer gemeinsamen Erklärung gefeilt, sogar Nichtregierungsorganisationen (NGO) wurden in die Uno-Beratungen einbezogen. Aber das Ergebnis der endlosen Verhandlungen ist eine Enttäuschung. In der Agenda, die nun in Genf verabschiedet werden soll, ist in seinen letzten Fassungen wenig Zukunftsweisendes enthalten.

Ursprünglich war es erklärtes Ziel der Uno, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um die »digital divide« zu reduzieren, die wachsende Kluft zwischen Ländern mit und ohne Zugang zum globalen Informationsnetzwerk Internet. Doch die Regierungsvertreter konnten sich auf kein gemeinsames Vorgehen – sprich: Finanzierung – einigen. Länder wie China, die zu Gerhard Schröders Staatsbesuch freundlicherweise mal wieder ein paar »Internet-Dissidenten« freigelassen haben, haben wenig Interesse daran, ihren Bürgern per Uno-Erklärung die freie Meinungsäußerung im Netz zu erlauben. Auch bei anderen problematischen Themen wie freie Software, Open Source oder Urheberrecht gab es nur wenig Verbindendes zwischen den Verhandlungspartnern. Hallo Welt!

Die Wirtschaft und ihre Interessenvertretung, die International Chamber of Commerce, haben sich effektiv an der Debatte beteiligt und ihre Interessen durchgesetzt. Viele ihrer Argumente und Schlagwörter finden sich in der Erklärung wieder: Privatisierung, Liberalisierung, Abbau von Investitionshemmnissen und so weiter und so fort. Die NGO konnten nur drei ihrer Vorschläge in das Papier einbringen, das bei Redaktionsschluss noch diskutiert wurde. Die Vorbereitungszeit steht in keinem Verhältnis zum Resultat. Wenn sich nicht im letzten Augenblick noch etwas vollkommen Unvorhergesehenes ereignet, wird in Genf ein politisch bedeutungsloses Dokument verabschiedet.