Spring doch!

Das Sportjahr kann kommen von elke wittich

Nun dauert es nicht mehr lang, und man findet sich auf so genannten Silvesterparties wieder. Und muss, spätestens gegen Mitternacht, völlig unbekannte Personen trösten, die ein paar Gläser Sekt zu viel hatten und infolgedessen zwar nicht mehr stehen, gehen oder auch nur fehlerfrei reden können, aber immerhin eines wissen: Das nächste Jahr wird die Hölle! Und sich deswegen auf der Stelle umbringen möchten.

Es hat vermutlich kaum Zweck, diesen volltrunkenen, traurigen Menschen im Raketenhagel zu erklären, dass sie Recht haben. Zum einen, weil sie sowieso für Argumente nicht mehr zugänglich sein dürften, und zum anderen, weil sie so absolut richtig liegen.

Jedenfalls rein sportlich betrachtet. Das Jahr wird natürlich damit beginnen, dass einer der chronisch verhungert aussehenden deutschen Skispringer die Vierschanzentournee gewinnt.

Gut, das interessiert außerhalb der deutschsprachigen, europäischen Länder eigentlich weiter niemanden, aber es wird reichen, dass man aufgrund massiver Schlagzeilenphobie (Hanni! und Schmidti!) wochenlang keine Zeitungen mehr kaufen kann.

Und wenn dann die Euphorie über die Skispringer endlich vorbei ist, dann kommen die beiden allerschlimmsten Sportarten aus ihrer Winterpause hervorgekrochen.

Die Fußballbundesliga wird dabei wie immer schlimmstmöglich enden: Die Bayern schaffen den Titelgewinn und Hertha BSC wird natürlich nicht absteigen. Zwischendurch erfährt sich Michael Schumacher dank des Unvermögens der Konkurrenz den siebten oder zwölften Weltmeistertitel, was jedoch im allgemeinen Bejubeln des Champions-League-Gewinns von Bayern München untergehen dürfte.

Kurz nach der Schalenübergabe wird Jan Ullrich aufs Rad steigen, um, was auch sonst, die Tour de France zu gewinnen. Sein Hauptkonkurrent Lance Armstrong hat bereits zuvor angedeutet, dass er das Zusammensein mit seinen Kindern für wichtiger halte als den erneuten Sieg, was ein ganz dämliches Argument ist, denn der Nachwuchs kann schließlich ganzjährig betüttelt werden und sollte Daddy daher nicht im Radwege stehen.

Und dann folgen die Olympischen Spiele, die trotz öffentlich-rechtlicher Alarmberichte über den mangelhaften Stand der Vorbereitungen pünktlich angepfiffen bzw. erleuchtet werden, und die enden wie gewohnt: Deutsche Athleten stehen ganz oben auf dem Podest und freuen sich halbtot über Gold im Dressurreiten und Kleinkaliberschießen.

Poschmann und Co. werden uns mit völlig beglückten Kommentaren aus Athen zuschütten und verklärte Athleten werden atemlos mitteilen, wem sie ihre Medaille widmen.

Und dann wird endlich Ruhe sein, aber nicht besonders lang. Bayern München wird in der Champions League antreten und sich daran machen, erneut deutscher Meister zu werden. Hertha BSC wird im Pokal von niemandem erwartete Erfolge feiern und Michael Schumacher wird aus seinem Trainingslager in Wo-auch-immer verlautbaren lassen, dass er bereit ist für den nächsten Titelkampf.

Wer deutsche Erfolge hasst, sollte bei der kommenden, drohenden Silvesterparty potenziellen Selbstmördern ihr Tun nicht ausreden. Schließlich droht alles noch viel schlimmer zu werden, als es im Moment noch aussieht.