Transparent gemacht

Neues bei der Sozialhilfe

Die Aussichten für Sozialhilfeempfänger sind nicht rosig: Neue Regelungen für den Prüfdienst der Sozialämter sind bereits in Kraft getreten, und zum neuen Jahr steht die Abschaffung des Sozialtickets an.

Immerhin regt sich gegen die Streichung des verbilligten Tickets schwacher Widerstand. Gewerkschaftliche Gruppen und das Berliner Arbeitslosenzentrum protestieren mit einer Unterschriftenkampagne und fordern gleichzeitig ein ermäßigtes Ticket für alle Arbeitslosen. »Wir haben die Kampagne begonnen, weil wir befürchten, wenn das Sozialticket wegfällt, ist das Arbeitslosenticket auch bald dran«, sagt Rüdiger Lötzer von der Verwaltungsstelle der IG Metall.

Bisher wurde das Sozialticket mit einem jährlichen Zuschuss von 17,4 Millionen Euro vom Senat subventioniert und kostete 20,40 Euro im Monat. 80 000 Menschen nutzen das seit 1988 bestehende Angebot in diesem Jahr.

»Jeder Sozialhilfeempfänger hat das Recht auf Mobilität«, meint auch Roswita Steinbrenner, die Pressereferentin des Senats für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz. Bloß gilt das »Recht« nicht uneingeschränkt. »Das Sozialamt kann entscheiden, ob es dem Sozialhilfeempfänger regelmäßig eine Karte finanziert, wenn er zum Beispiel gemeinnützige Arbeit macht.« Fahrten, die über die Eigenbeteiligung von 20,40 Euro hinausgingen, bekämen die Betroffenen sowieso rückerstattet. Allerdings seien die Einzelfahrten erst »auf ihre Notwendigkeit hin« zu prüfen. Wie dringlich Besuche bei Freunden, ein Kneipentreffen oder der Besuch im Schwimmbad eingestuft werden, möchte man lieber nicht fragen.

»Eine schöne Lösung ist das nicht«, findet Steinbrenner. Man wolle über ein günstiges Ticket für alle mit geringem Einkommen nachdenken, müsse sich aber vor Augen halten, dass andere deutsche Städte auch keine solchen Vergünstigungen anbieten würden.

Rundherum erfreulich sind in ihren Augen dagegen die neuen Regelungen des Prüfdiensts für Sozialhilfeempfänger. Erstmals wurden vom Senat einheitliche Verwaltungsvorschriften für alle Berliner Bezirke erlassen, die festlegen, welcher Sozialhilfeempfänger wann und wie geprüft werden darf. »Vergleichbarkeit und Transparenz« seien somit gewährleistet.

Zunächst war sogar eine jährliche Überprüfung aller Sozialhilfeempfänger vorgesehen. Nun soll erst kontrolliert werden, sobald ein Verdacht auf »Missbrauch« vorliegt. Die Kriterien bestimmt auch hier der zuständige Sachbearbeiter auf dem Amt. »Wenn ein Antragsteller bereits den dritten Fernseher beantragt oder beim Amtsbesuch jedes Mal neue Kleidung trägt, kann dies ein Hinweis auf Veruntreuung der Gelder sein«, erklärt Steinbrenner. Um festzustellen, ob der Sozialhilfeempfänger zu Hause einen Geldtresor hat oder sich lediglich um ein gepflegtes Äußeres bemüht, wird ein Prüfer angewiesen, die Wohnung des Verdächtigen zu durchsuchen.

Der muss zwar den Besucher nicht hereinlassen, sollte es aber nach Ansicht Roswita Steinbrenners unbedingt tun: »Wenn jemand zum Beispiel nur einen Stuhl und einen Tisch hat, kann der Prüfer ihn darauf aufmerksam machen, dass er das Recht hat, einen Antrag auf einen zweiten Stuhl zu stellen.«

Geheimnisse werden Sozialhilfeempfänger vor ihren Sachbearbeitern in Zukunft jedenfalls nicht mehr haben.

sonja fahrenhorst