Gemischte Gefühle

Arabische Reaktionen auf Saddam Husseins Verhaftung

Die Freude wurde nicht selten offen geäußert. »Dank sei Gott, der Kuwait mit dem Anblick seines Feindes in einem solchen Zustand Gerechtigkeit brachte«, erklärte der kuwaitische Regierungschef Sheikh Sabah al-Ahmed al-Sabah in einer ersten Reaktion auf die Verhaftung Saddam Husseins.

Gerechtigkeit war das Schlagwort, unter dem die meisten Kommentare in arabischen Zeitungen standen. Gerechtigkeit für die irakischen Opfer des Ba’ath-Regimes, für die Opfer der irakischen Kriege gegen den Iran und Kuwait, aber auch für Saddam Hussein als Person und Symbol für eine gemeinsame arabische Sache.

Trotz der Genugtuung über das Ende des »Ritters der Araber«, die sich nicht nur in den Berichten aus dem Irak, sondern auch in zahlreichen Interviews in Damaskus und Kairo äußerte, berichteten die arabischen Medien von einem allgemeinen Gefühl der »Demütigung«, das durch die Fernsehbilder eines verwirrten Ex-Präsidenten in den Händen der US-Truppen ausgelöst wurde.

Als Präsident eines arabischen Staates, der bis zuletzt den Widerstand in der arabischen Welt geführt habe, stehe Saddam Hussein als Symbol für eine ganze Epoche. Unter Drogen gesetzt und durch Blendgranaten paralysiert – die Kommentare zu den Fernsehbildern von der Gefangennahme machten keinen Hehl daraus, dass es hier nicht allein um ein persönliches Schicksal geht. Wie in seinen besten Zeiten repräsentierte Saddam Hussein plötzlich erneut den Wunsch nach Souveränität und einem Ende der Besatzung.

Während selbst Hardliner wie Abd al-Bari Atwan, der Chefredakteur der Tageszeitung al-Quds al-Arabi, der das Ba’ath-Regime bis zuletzt verteidigte, dennoch einräumen, mit der Verhaftung gehe ein Terrorregime zu Ende, machten die Reaktionen der meisten arabischen Regierungschefs deutlich, dass auch sie die Botschaft dieser Bilder verstanden. Trotz aller politischen Spannungen war Saddam Hussein bis zuletzt auch einer von ihnen.

Intellektuelle von Azmi Bishara bis Hazem Saghiyeh dagegen waren sich einig, dass es nicht allein um Saddam Hussein gehe, sondern um die gesellschaftlichen Verhältnisse, die ihn hervorbrachten. »Seine Taten geschahen nicht in einem Vakuum, und ohne den politischen, sozialen und kulturellen Rahmen, der im Irak herrschte und herrscht, hätten sie nicht über Jahrzehnte fortdauern können. Sicher, Saddam Husseins Regime unterschied sich von anderen Diktaturen durch seine unsägliche Grausamkeit und Barbarei. Aber dies war nur ein Unterschied in den Methoden der Unterdrückung und der Diktatur. (…) Das Prinzip selbst lässt sich für die Region verallgemeinern«, schrieb Salama Nematt in der saudischen Tageszeitung al-Hayat.

Dennoch waren es gerade diese Autoren, die die Verantwortung auch des Westens und vor allem der USA für das Geschehen in der Region hervorhoben. Zu verurteilen seien nicht allein die Taten Saddam Husseins, sondern auch die jahrzehntelange Unterstützung des Westens für das Ba’ath-Regime. Schließlich, so schreibt der libanesische Daily Star, habe der Kolonialismus etwas Paradoxes: »Am Ende sind es die von den Kolonisatoren eingesetzten einheimischen Eliten, die die nationalen Befreiungskämpfe führen.«

götz nordbruch