Coming Home

ich-ag der woche

Es war die erste große Versöhnung des Jahres. Ken Livingstone, der britische Oskar Lafontaine, gehört wieder der Labour Party an. Weil der Gegner Tony Blairs im Jahr 2000 nicht für die Labour Party zur Londoner Bürgermeisterwahl antreten durfte, ging er als unabhängiger Kandidat ins Rennen. Er gewann prompt, flog aber aus der Partei. Seither kämpft Livingstone mit einer Anti-Stau-Gebühr gegen den Autoverkehr in London und blockiert, gar löblich, die Teilprivatisierung der dortigen U-Bahn. Er verbilligte das Busfahren, brachte mehr Polizisten auf die Straßen und vertrieb die Tauben vom Trafalgar Square.

Eigentlich ist Livingstone der perfekte europäische Sozialdemokrat. Er war für den Kosovokrieg (Menschenrechte!) und gegen den Irakkrieg (Öl!) und ist ein entschiedener Gegner des Internationalen Währungsfonds (IWF): »Jedes Jahr tötet das internationale Finanzsystem mehr Menschen als der Zweite Weltkrieg. Von Hitler wussten wir immerhin, dass er verrückt war.«

Und wie alle europäischen Sozialdemokraten außer Tony Blair weiß er, wo der Hauptfeind steht. Vor dem Besuch des US-Präsidenten George W. Bush in Großbritannien im vergangenen November sagte er, Bush sei die »größte Bedrohung für das Leben auf diesem Planeten«. Bush ist demnach gefährlicher als die Klimakatastrophe und das Ozonloch zusammen, und der IWF ermordet mehr Menschen als vormals die Nazis auf den Schlachtfeldern und in den Konzentrationslagern. Blair muss am Ende seines »dritten Weges« angekommen sein, wenn er Livingstone zurückholen lässt.

stefan wirner