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Handschlag statt Jihad

Pakistan/Indien. Dass die Kontrahenten aus beiden Regierungen sich die Hand reichten, galt schon als wichtiges Symbol der Kompromissbereitschaft. Bedeutsamer war, dass der pakistanische Militärherrscher Pervez Musharraf nicht mehr die Abhaltung eines Referendums über die Unabhängigkeit Kaschmirs zur Bedingung für eine politische Lösung erklärte und sich verpflichtete, von Pakistan ausgehende terroristische Operationen zu unterbinden. Beim Gipfel der South Asian Association for Regional Cooperation vereinbarte er Anfang der vergangenen Woche mit dem indischen Premierminister Atal Bihari Vajpayee, ab Februar Verhandlungen über eine Normalisierung der Beziehungen zu führen.

Pakistan erreicht nur elf Prozent des Bruttosozialprodukts Indiens, und der Abstand vergrößert sich weiter, denn die indische Wirtschaft wächst doppelt so schnell wie die pakistanische. Zumindest Teile der pakistanischen Oligarchie scheinen eingesehen zu haben, dass die Konfrontation mit Indien nicht zu gewinnen ist. Die islamistische Opposition protestierte jedoch heftig gegen den »Verrat des Freiheitskampfs« in Kaschmir, und auch die konservative Muslim Liga kritisierte, dass Pakistan ohne Gegenleistung Zugeständnisse gemacht habe. Die in Kaschmir aktiven bewaffneten Islamisten kündigten an, den Jihad fortzusetzen.

Heilige Gnade

Marokko. König Mohammed VI. kann auch gnädig sein. Im Zuge einer königlichen Amnestie, die insgesamt 33 Personen betraf und am Montag der vergangenen Woche verkündet wurde, kam Ali Lmrabet frei, der Herausgeber zweier jetzt verbotener Wochenzeitungen. Der demokratische Journalist war im Juni 2003 wegen Majestätsbeleidigung zu drei Jahren Haft verurteilt worden und befand sich zum Zeitpunkt seiner Freilassung bereits seit fünf Wochen im Hungerstreik.

Der Fall sorgte international für Schlagzeilen, und da die Lmrabet-Affäre für die Behörden delikat zu werden begann, sie aber nicht offen nachgeben wollten, nahmen sie ihn in eine Begnadigungsliste auf. Mit ihm kamen weitere sieben Journalisten frei, so dass nun erstmals kein Journalist mehr als politischer Häftling in Marokko einsitzt. Freigelassen wurden auch ein Dutzend Islamisten, die bereits zwischen 1970 und 1990 eingesperrt worden waren, einige »untreue« Militärs und ein paar Unabhängigkeitskämpfer aus der Westsahara. Die Gnadenaktion erfolgte rechtzeitig vor dem Washington-Besuch von Premierminister Driss Jettou.

Bildungsfeindliche Räuber

Thailand. »Wenn wir zu offen reden, könnte das negative Folgen für den Tourismus haben«, warnte Premierminister Thaksin Shinawatra am vergangenen Freitag. Der Regierungschef war bemüht, vorlaute Beamte und Minister zur Ordnung zu rufen, die Überfälle auf Polizeiposten und die Plünderung von Hundert Gewehren aus einem Armeelager im Grenzgebiet zu Malaysia islamistischen Kämpfern zugeschrieben hatten. »Man sollte diese Leute Räuber nennen«, belehrte Regierungssprecher Jakrapob Penkair die Presse, denn ihre Motive seien »nicht ideologisch«. Nur als Ablenkungsmanöver hätten die »Räuber« auch 20 Schulen angezündet.

Etwa zehn Prozent der Thais sind Muslime, Islamisten klagen seit langem über die Diskriminierung ihrer Religion im buddhistisch geprägten Schulsystem. Polizei und Innenministerium suchen die Täter deshalb im islamistischen Milieu. Mit einer Amnestie für Guerilleros und Geldzuwendungen für die schwach entwickelte Grenzregion war es der Regierung in den neunziger Jahren gelungen, muslimische Separatisten zu integrieren. Nun formiert sich offenbar erneut eine islamistisch-separatistische Bewegung. Ihre Mitglieder sollen nach Angaben von Sicherheitsexperten Verbindungen zu al-Qaida haben.

Krieg den Datschen

Georgien. Ein Generalsekretär der KPdSU wäre über das Ergebnis etwas enttäuscht gewesen, aber für Michail Saakaschwili war es ein großer Erfolg. 96 Prozent der Georgier wählten den 36jährigen am vorvergangenen Sonntag zum Präsidenten. Geschummelt wurde offenbar nicht. Die OSZE-Wahlbeobachter stießen auf einige organisatorische Unregelmäßigkeiten, stellten aber »bedeutende Fortschritte« und »den politischen Willen, demokratische Wahlen durchzuführen«, fest.

Die Manipulation der Parlamentswahlen im November 2003 hatte zu Massendemonstrationen geführt, die Präsident Eduard Schewardnadse zum Rücktritt zwangen (Jungle World, 50/03). Der Wahlerfolg des damaligen Oppositionsführers Saakaschwili dürfte allerdings eher auf den dringenden Wunsch nach Wandel als auf politische Gefolgschaft zurückzuführen sein. Ein Programm jenseits der Forderung nach »Good Governance« hat Saakaschwili nicht. Er kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Korruption an, will die Datschen der Minister verkaufen und aus dem Präsidentenpalast in ein bescheideneres Domizil umziehen.

All you can eat

China. »Alles, was kriechen und fliegen kann, wird verspeist«, lautet ein Sprichwort in der chinesischen Provinz Guangdong. Die neuesten Nachrichten aus Peking dürften den Bewohnern von Guangdong jedoch gehörig den Appetit verdorben haben. Die chinesischen Behörden gaben unlängst bekannt, der Larvenroller, eine einheimische Delikatesse, sei der Träger des Sars-Virus. Aus prophylaktischen Gründen müssten daher mehrere zehntausend Exemplare der Schleichkatzenart getötet werden.

Doch nicht alle Chinesen wollen glauben, dass der Verzehr der possierlichen Vierbeiner tödliche Folgen haben kann. Seit geraumer Zeit ist ein Trend zu antiamerikanischen Verschwörungstheorien in chinesischen Zeitungen wahrnehmbar, und manchen Chinesen gilt das Virus als eine in den Genlabors der US-Armee hergestellte Biowaffe, die nun gegen China eingesetzt werde. Ein Verfechter dieser Theorie ist der Autor Tong Zeng. Die Essenz seines vor gut zwei Monaten erschienenen Buches: Sars ist eine biotechnische Koproduktion von Taiwan und den USA.