Sportler mit Nachwirkung

Zum Tod von Marco Pantani

Die letzte Meldung, die sich im stets umfassend und aktuell berichtenden Onlinedienst Radsport-News über Marco Pantani fand, stammt aus dem Oktober des vergangenen Jahres und trägt die Überschrift »Pantani von Sportbetrugsvorwurf freigesprochen«.

Die Meldungen, die danach veröffentlicht wurden, behandeln den frühen Tod des 34jährigen Radsportprofis am vergangenen Wochenende in Rimini.

Der erwähnte Freispruch im Jahr 2003 kam spät. 1999 war bei Pantani ein erhöhter Hämatokritwert gemessen worden. Aber weil so etwas nur als Indiz für die eventuelle Einnahme des Dopingmittels Epo gilt und auch natürliche Ursachen haben kann, forderte der Staatsanwalt am Ende des Prozesses zwar noch eine sechsmonatige Haftstrafe, aber dazu nur eine Geldstrafe von 500 Euro. In einem anderen Verfahren war das Strafurteil, ebenfalls nur basierend auf einem erhöhten Hämatokritwert, in der Berufung kassiert worden.

»Freispruch zweiter Klasse« hieß das in der FAZ, um dem Umstand, dass dem Mann auch nach mehrjährigen Ermittlungen partout nichts Illegales nachzuweisen war, noch etwas Anrüchiges beizugeben.

Warum zog einer wie Pantani so viel Hass auf sich? 1998 hatte er in einem Jahr sowohl den Giro d’Italia als auch die Tour de France gewonnen, und das, obwohl doch die Deutschen sich nach dem 1997er Erfolg von Jan Ullrich darauf eingestellt hatten, künftig immer den Tour-Sieger zu stellen. Das erklärt vermutlich nicht viel, sagt aber vielleicht doch ein bisschen über den Unmut aus, den Pantani auslöste.

Pantanis großes Jahr 1998 war auch das Jahr der so genannten »Skandal-Tour«. Die Polizei hatte etliche Athleten während des Wettkampfs verhaftet, und die Radsportprofis wehrten sich mit Streiks gegen die staatlichen Übergriffe. Auch so avancierte Pantani, gegen den es damals keine begründeten Dopinggerüchte gab, zum Symbol der schlechten Seite des Radsports.

Aber Pantani stand für noch etwas anderes, er zeigte die unelegante, wenn man so will: proletarische Seite des Radsports. Er fuhr nicht wie Miguel Indurain oder Jan Ullrich als perfekter Allrounder über jede Etappe, er war aber auch nicht der verbissene Kleinunternehmer, als der sich Lance Armstrong präsentiert. Pantani ging vielmehr aus dem Sattel, wenn es die Berge hoch ging, er wackelte mit Hintern und Hinterrad, wenn ihm die Kraft ausging und zeigte so, dass Radsport Schwerarbeit ist. Das erklärt das Phänomen Pantani auch nicht ganz, aber es macht die zum Teil gehässigen Reaktionen, die dieser Sportler bisweilen sogar nach seinem Tod auf sich zog, vielleicht ein wenig verständlicher.

»Passt auf, was ihr jetzt über ihn sagt«, sagte Giuseppe Martinelli, Pantanis langjähriger Sportdirektor. »Er war ein ganz Großer.«

martin krauss