Erinnerung an Khomeinis Terror

In Wilmersdorf erinnert eine Gedenktafel an die Ermordung iranischer Oppositioneller im Restaurant Mykonos. Die iranische Regierung hätte das gern verhindert. von wahied wahdathagh

Auf dem Gehweg vor dem Haus Prager Str. 2a in Wilmersdorf steht seit dem 20. April eine Gedenktafel aus Edelstahl, auf der zu lesen ist: »An diesem Ort im ehemaligen Restaurant Mykonos wurden am 17. September 1992 die führenden Vertreter der Demokratischen Partei Kurdistans (Iran) Dr. Sadegh Sharafkandi, Fattah Abdoli, Homayoun Ardalan zusammen mit dem in Berlin lebenden Politiker Nouri Dehkordi ermordet durch die damaligen Machthaber im Iran. Sie starben im Kampf für Freiheit und Menschenrechte.«

Die Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Monika Thiemen, enthüllte die Tafel und will damit an ein historisches Ereignis in ihrem Bezirk erinnern, das weltweit Entsetzen hervorrief. In einer Presseerklärung schrieb sie: »Gäste unserer Stadt wurden durch Abgesandte einer Regierung ermordet. Die Namen der Opfer und das Verbrechen sollen nicht vergessen werden – als Mahnung, damit wir alles tun, um solche Terroranschläge zu verhindern.«

Das Berliner Kammergericht machte in seinem Urteil ausdrücklich die Machthaber im Iran für das Attentat verantwortlich. Erste Maßnahmen, die die spätere Liquidierungsentscheidung vorbereiteten, leitete Ali Fallahian als iranischer Geheimdienstminister ein. Der Befehl zum Attentat wurde von einem »Komitee für Sonderangelegenheiten« ausgesprochen, dem nicht nur Fallahian, sondern unter anderen auch der damalige Staatspräsident Hashemi Rafsanjani und der Revolutionsführer Ali Khamenei angehörten. So war es in dem Urteil des Kammergerichts zu lesen, das nach 247 Verhandlungstagen am 10. April 1997 verkündet wurde.

Noch drei Wochen vor Prozessbeginn, im Oktober 1993, versuchte Falahian bei einem Besuch in Bonn, das Verfahren zu verhindern. Der Staatsminister im Kanzleramt, Bernd Schmidbauer, übte damals politischen Druck auf den Generalbundesanwalt Alexander von Stahl aus, damit der Iran nicht namentlich genannt werde. Hans Joachim Ehrig, der am Mykonos-Prozess als Anwalt einer Nebenklägerin beteiligt war, schrieb im Vorwort des veröffentlichten Urteils: »Innenminister Kanther, sonst selbst ernannter Vorkämpfer gegen die organisierte Kriminalität, verweigerte die Freigabe eines wichtigen Berichts der ›Arbeitsgruppe Iran‹ des Bundesamtes für Verfassungsschutz. In diesem stand, dass die Berichte einer zuverlässigen Quelle den Schluss zuließen, die Mykonos-Morde seien unter Federführung iranischer diplomatischer Vertretungen vorbereitet und durchgeführt worden.«

Schon kurz nach der Urteilsverkündung, im Sommer 1997, reichten Vertreter der SPD, der Grünen und der PDS einen Antrag für die Errichtung eines Mahnmals ein, der jedoch nach einer Intervention des Auswärtigen Amtes zurückgezogen wurde, da das Urteil nicht rechtskräftig sei. Obwohl es im Dezember 1998 rechtskräftig wurde, schliefen die Bemühungen, eine Gedenktafel anzubringen, wieder ein.

Der inzwischen als einer der größten politischen Demagogen des Iran bekannte Reformislamist Seyyed Mohamad Khatami war zum Präsidenten gewählt worden und hatte im Rahmen der khomeinistischen Diktatur eine »islamische Zivilgesellschaft und Demokratie« versprochen. Heute weiß man, dass die islamische Diktatur sich nicht reformieren und demokratisieren lässt.

Hamid Nowzari, Vorstandsmitglied des Vereins iranischer Flüchtlinge in Berlin, erklärt, eine »falsche Rücksichtsnahme auf die Khatami-Regierung« sei der Grund für die Verzögerung gewesen. »Der Druck ließ nach, als im September 2002 zur Gedenkveranstaltung zum zehnten Jahrestag des Attentats die Forderung nach der Anbringung einer Gedenktafel vom Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin und von den Nebenklägern erneut aufgestellt wurde«, sagt Nowzari weiter. An der Veranstaltung im Haus der Kulturen der Welt in Berlin nahmen auch die Vertreter der politischen Parteien teil. Sie habe deutlich gemacht, dass unbedingt ein Zeichen gegen den iranischen Staatsterrorismus gesetzt werden müsse, und ein positives Echo in den Fraktionen hervorgerufen. Seitdem seien die Bestrebungen wieder verstärkt worden, die Gedenktafel, die ein Symbol für die Verurteilung der Verbrechen des iranischen Regimes ist, endlich zu installieren.

Im August 2003 waren schließlich die Formalitäten erledigt, und ab September wurde Geld gesammelt, da solche Gedenktafeln nur durch private Spenden finanziert werden können. Nachdem der Verein iranischer Flüchtlinge zu Spenden aufgerufen hatte, startete die iranische Regierung den Versuch, die Gedenktafel zu verhindern.

Wie Nowzari weiß, habe »die iranische Regierung in Teheran Beschwerde bei der deutschen Botschaft eingelegt, und am 17. Dezember 2003 war der iranische Botschafter in Berlin bei der Bezirksbürgermeisterin Frau Tiehmann, um sich über ein solches Vorhaben zu beschweren«. Die Einwände seien jedoch zurückgewiesen worden.

Dennoch habe der Iran weiter Druck gemacht. Der Teheraner Bürgermeister, Mahmud Ahmadinejad, habe sogar in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit »Vergeltungsmaßnahmen angedroht«, sagt Nowzari. Zunächst sollte die Gedenktafel am 31. März enthüllt werden. Die Bundesregierung bat darum, den Termin wegen der Afghanistan-Konferenz zu verschieben. So wurde er auf den 20. April festgelegt.

Der Iran will sich nun rächen. Der Finanzminister der iranischen Hauptstadt, Amirresa Waezi-Ashtiani, kündigte an, dass »wir in Teheran eine Tafel anbringen werden, die die Verbrechen der deutschen Regierung während des Krieges zwischen dem Iran und dem Irak aufdecken« soll, wie die iranische Nachrichtenagentur Ilna am 2. April berichtete. Für diese Tafel werde »sich die ganze Welt interessieren«. Während des ersten Golfkrieges seien tausende von Menschen mit den Produkten deutscher Chemieunternehmen vergiftet worden und viele von ihnen an Krebs gestorben. Waezi-Ashtiani beteuert: »Von Anbeginn der Revolution haben die Zionisten und die Amerikaner die Verletzung der Menschenrechte und den Terrorismus als ihre Waffe gegen uns benutzt, obwohl sie selbst deren Verursacher sind.« Die deutsche Regierung wolle mit der Tafel Druck auf den Iran ausüben, glaubt Waezi-Ashtiani. »Diese Länder wollen den Iran als ein Land präsentieren, das gegen den Frieden und für den Terrorismus ist. Wenn wir früher gegen die deutsche Regierung und die deutschen Chemieunternehmen vorgegangen wären, würden es heute die zionistischen Lobbys nicht wagen, solche Schritte zu unternehmen.«

Hamid Nowzari sagt hingegen, dass »dank dieser Gedenktafel der Terroranschlag nie in Vergessenheit geraten wird. Dieses Ereignis wird im historischen Gedächtnis der Stadt Berlin und der Bundesrepublik erhalten bleiben. Diese Tafel sollte auch eine Mahnung sein an die Bundesregierung, ernsthaft über ihre Beziehungen zur Islamischen Republik nachzudenken.« Deutschland sollte auch davon Abstand nehmen, den Organisator des Attentats, Kazem Darabi, an den Iran auszuliefern.