Roma zu Rossmann!

Drogeriekette wegen rassistischer Diskriminierung verurteilt

Das Ende März in Prag gefällte Urteil zugunsten der Klägerin Renata Kotlarova überraschte wohl nicht nur sie selbst. Auch die Drogeriekette Rossmann mit Stammsitz im niedersächsischen Burgwedel hatte mit einem anderen Ausgang der Klage gerechnet. Das Gericht sah es nämlich als erwiesen an, dass Rossmann der Romni Kotlarova aus rassistischen Gründen eine Einstellung in ihrer Filiale im west-tschechischen Cheb verweigert hatte.

Die Diskriminierung von Roma auf dem Arbeitsmarkt ist im europäischen Raum sehr verbreitet. Doch kaum eine der betroffenen Personen kann sich dagegen wehren. Als »Durchbruch« bewertete deshalb Ivan Vesely, Mitbegründer der Organisation Dzeno Association, die sich mit der Emanzipation der mittel- und osteuropäischen Roma befasst, die Entscheidung des Gerichtes, Rossmann zu einer Geldstrafe von 1 546 Euro und einer offiziellen Entschuldigung gegenüber Kotlarova zu verurteilen.

Kotlarova, Mutter zweier Kinder, bewarb sich im Juni 2003 in Cheb um eine ausgeschriebene Stelle als Verkaufsassistentin bei Rossmann, wurde aber sogleich mit der Begründung abgelehnt, die Stelle sei bereits vergeben. Nach Rücksprache mit der Prager Menschenrechtsorganisation Counselling Centre for Citizenship, Civil and Human Rights schickte diese eine ihrer Mitarbeiterinnen nach Cheb, um sich ebenfalls um die Stelle zu bewerben. Obwohl der Lockvogel sich auch als Mutter zweier Kinder ausgab und zudem offenbarte, keinerlei Erfahrungen in der gewünschten Beschäftigung mitzubringen, wurde ihr in einem heimlich aufgezeichneten Vorstellungsgespräch versichert, sie werde in die engere Auswahl für die offensichtlich doch noch nicht vergebene Stelle aufgenommen.

Rossmann, eine der größten Drogerieketten mit etwa 11 000 Angestellten in Deutschland, Tschechien, Polen und Ungarn, stellt bei dieser Art von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt keine Ausnahme dar. Aufgrund der weit verbreiteten rassistischen Vorurteile weigern sich viele Arbeitgeber, Roma einzustellen. Diese Diskriminierung äußert sich schon in der Schule. Viele Roma-Kinder müssen in den ersten Schuljahren die regulären Schulen verlassen und werden fortan in »Sonderschulen« für Kinder mit Lernschwierigkeiten geschickt. Viele dieser unter der Segregation im Bildungsbereich leidenden Kinder brechen frühzeitig die Schule ab und haben ohne Schulabschluss auch kaum Chancen auf eine Lehrstelle. Sie sind deshalb angewiesen auf Aushilfstätigkeiten, Lagerarbeiten und ähnliche schlecht bezahlte Anstellungen.

Doch nicht nur die mangelnde Ausbildung verhindert eine Integration in den Arbeitsmarkt. Auch das Verhalten der Arbeitgeber trägt hierzu bei. Wie im Falle Kotlarova werden Roma sehr oft bereits abgelehnt, bevor ein Vorstellungsgespräch überhaupt stattgefunden hat. Allein ihre Herkunft ist entscheidend. Unterstützt wird diese Aussage auch durch die Stellenausschreibungen, in denen häufig zu lesen ist: »Roma nicht erwünscht.« Selbst in einigen Arbeitsvermittlungsstellen werden die Akten von Arbeit suchenden Roma mit einem »R« gekennzeichnet, um sie bei Bedarf sofort aussortieren zu können.

Die deutsche Zentrale von Rossmann war zu einer Stellungnahme nicht bereit. Auch die Firmenleitung in Tschechien enthielt sich nach dem Prozess eines Kommentars. Doch eine spätere Reaktion blieb nicht aus: Rossmann ist sich laut Firmendirektor Cornelis Waardenburg keiner Schuld bewusst und will gegen das Urteil Revision einlegen.

daniel oppermann