Sparen durch Affären

Singles haben keine Beziehungsprobleme, mehr Sex und bekämpfen die Krise politisch mit ihren Freunden. von sarah schmidt

Um Krisenzeiten gut zu überstehen, braucht es drei Voraussetzungen, nämlich genug Freunde, genug Glück und genug Geld. Und damit liegt die Antwort, wer besser die harten Zeiten übersteht, doch auf der Hand: die Singles.

Denn so ein Paar, das ist doch die moderne Keimzelle des Staates. Ein Paar, das versucht, sich sein kleines Glück zu erhalten, bezieht sich immer zuerst auf sich selbst und hat darum wenig Zeit, Freundschaften zu hegen und zu pflegen, wie es sich gehört. Einfach mal utopisch gedacht: In Deutschland ist Revolution. Oder realistischer: Revolte. Na gut, ein klitzekleiner sozialer Aufstand. Wer macht das denn? Zweiergruppen? Nee, dazu braucht es einen Haufen Freunde, und die hat der Single an der Hand, während die Paare ihre Zeit und Kraft meist nur für den Partner verschwenden. Damit steht’s schon mal klar 1:0 für die Singles.

Punkt zwei und drei, das Glück und das Geld, hängen ganz unmittelbar zusammen. Falls – und das ist natürlich viel wahrscheinlicher – alles so bleibt, wie es ist, nur schlechter, muss man schauen, wie man die paar Kröten durch den Monat bringt und dabei die gute Laune nicht verliert.

Eine Frau hat als Single normalerweise deutlich mehr Sex als in einer festen Beziehung. Und Sex macht erstens satt – man muss also viel weniger Kohle fürs Essen, die große Ersatzbefriedigung, ausgeben – und zweitens glücklich. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass frau sich ihre Affären mit Bedacht auswählt. Aber das empfehle ich ganz grundsätzlich, Krise hin oder her.

Wenn man sich dann noch ein bisschen geschickt anstellt und zum Beispiel die Nächte weniger in der eigenen Wohnung und mehr in der des auserkorenen Liebhabers verbringt, spart man doppelt und dreifach. Am Frühstück und an der Zahnpasta, an Klopapier und an Kondomen, und im Winter zusätzlich noch an den Heiz- und Stromkosten.

Überhaupt ist das Essen ein wichtiger Posten auf der Singleseite des Lebens. Wer als Frau in einer Beziehung und mit einem männlichen Partner lebt, merkt doch schnell: So ein Kerl futtert ganz schön was weg in einem Monat! Das geht doch tierisch ins Geld, und auch wenn es zwei Einkommen gibt, bleibt unterm Strich weniger übrig, als wenn ich tatsächlich nur das kaufen muss, was ich mag. Und, um noch ein wenig beim Essen zu bleiben, ich muss als Single deutlich weniger Geld für Schokolade und Gummibärchen ausgeben, weil ich diese ganzen lästigen und nervenden Beziehungsauseinandersetzungen, die hungrig und traurig machen, nicht habe. Und wenn es mich doch mal überkommt, dieses absurde Gefühl der Einsamkeit, dann lädt meine Freundin mich einfach zum Essen ein. Ich muss auch kein Geld für gemeinsame Wochenendreisen oder Abende im Restaurant sparen, die nur den einzigen Zweck erfüllen, die gemeinsame Liebe wieder zu beleben.

Ebenfalls nicht unerheblich sind die Grundanschaffungen. Ich brauche keine zwei Kopfkissen und zwei Bettdecken, keine zwei Wecker und zwei Nachttischlampen. Das ist schon eine ganze »Lass uns mal schnell bei Ikea vorbeischauen«-Autoladung voll, die ich damit einspare. Wer bei mir übernachten möchte, der freut sich wie ein Schneekönig darauf, mit mir gemeinsam unter einer Decke zu liegen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Ausgehen. Als Paar bleibt man entweder zu Hause – »Ist doch auch mal schön, Sofasitzen, Fernsehgucken …« – oder die Kosten werden geteilt, mehr oder weniger; als weiblicher Single aber bekommt man auch im neuen Jahrtausend und auch von angeblich gleichberechtigten heterosexuellen Männern mindestens zwei Drittel des Alkohols, der Kino- und Konzertkarten spendiert. Das ist richtig und auch gut so!

Neben diesen ganzen Vorteilen, die eher im privaten Bereich anzusiedeln sind, gibt es natürlich auch noch den großen, politischen Zusammenhang, der allen die Augen öffnen sollte und zeigt, warum es einfacher und besser als Single ist. Und da sage ich nur ein Wort, und das heißt »Hartz«. Wer wird denn da so richtig gemein zur Kasse gebeten? Na? Genau, die Paare, die eheähnlichen Verhältnisse! Und als Paar ist man doch fast gezwungen, gemeinsam zu wohnen, denn zwei Wohnungen, das rechnet sich doch wirklich nicht. Ha! Auf den 16 Seiten des Fragebogens zur Hartz IV-Reform ist nicht eine einzige Frage, die mich zwingen will, meine Affären als eventuelle Versorger anzugeben. Nö, da wird nach Lebensgemeinschaften gefragt, die sollen sich nach dem Willen der Regierung gegenseitig das Geld aus den Taschen ziehen. Da kann ich nur sagen: Voilà! Es lebe das Singedasein!