Präsident der Gläubigen

Indonesien nach den Wahlen von alex flor
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Mit großer Mehrheit wählten die Indonesier vergangene Woche den Wunschkandidaten des Westens, den ehemaligen General Susilo Bambang Yudhoyono. Es war die erste Direktwahl des Präsidenten, und, wie schon die vorigen Wahlgänge im April und Juli, verlief auch der abschließende ohne nennenswerte Vorkommnisse. Beobachter sind voll des Lobes und sehen den Beweis erbracht, dass sich Islam und Demokratie nicht notwendig widersprechen. Indonesien ist das Land mit der größten islamischen Bevölkerung weltweit.

Religiöse Elemente finden sich nicht nur in den kleinen religiösen Parteien. Auch die säkularen Präsidenschaftskandidaten, Bambang Yudhoyono ebenso wie die unterlegene Amtsinhaberin Megawati Sukarnoputri, präsentierten prominente muslimische Vizekandidaten.

Die Sympathie des Auslands sicherte sich Yudhoyono durch seine klare Haltung gegen den Terrorismus, zu dem sich andere nur ungern äußern. Die Serie schwerer Anschläge in Bali und Jakarta spielte im Wahlkampf praktisch keine Rolle. Mit Ausnahme von Bali, wo der Tourismus massiv einbrach, halten die meisten Indonesier andere Probleme für dringlicher. Ein Gefühl direkter Bedrohung haben nur die wenigen, die regelmäßig in großen Hotels, Shopping Malls und anderen von Ausländern frequentierten Einrichtungen verkehren. Zwar sympathisiert kaum jemand mit dem Terror, doch die Aufregung hält sich ebenfalls in Grenzen. Wer spricht denn von den zahllosen Opfern, die bei regionalen Konflikten, bei Bus- und Fährunglücken, Bränden, Überschwemmungen oder Erdrutschen ums Leben kommen? Katastrophen, für die oftmals die allgegenwärtige Korruption verantwortlich gemacht wird. Wie viele sterben an Aids oder den Folgen von Drogenkonsum? Dafür verantwortlich gemacht werden sexuelle Freizügigkeit, Prostitution und Kriminalität.

Einen Weg, diesen Problemen zu Leibe zu rücken, scheint der Islam zu versprechen: durch die Hinwendung zu »islamischen Tugenden« beispielsweise. Einen anderen Weg verspricht die Durchsetzung von Recht und Ordnung. Für erstgenannten steht die Partei für Wohlstand und Gerechtigkeit (PKS), die einen modernisierten politischen Islam vertritt; für den zweiten stehen Bambang Yudhoyono und seine Partei des Demokraten (PD). Folgerichtig waren PKS und PD die beiden großen Wahlsieger dieses Jahres.

Stellvertretend für viele beäugt die PKS den Kampf gegen den Terror kritisch, in dem sie eine zunehmende Diskriminierung des Islam sieht. Menschenrechtsgruppen stellen darüber hinaus fest, dass die Antiterrorpolitik in Indonesien, wie in vielen anderen Staaten auch, zu Lasten der gerade errungenen Bürgerrechte geht. Die große Zahl von Festnahmen und Verurteilungen seit dem Bali-Attentat stellt den Westen noch nicht zufrieden. Er fordert ein härteres Vorgehen der Justiz gegen den Prediger Abu Bakar Baasyir als mutmaßlichen Rädelsführer der radikalen Islamisten. Indonesiens Muslime sehen darin ein weiteres Anzeichen der Diskriminierung, und tatsächlich scheinen die Beweise dünn zu sein. Unter ihrem Druck wird der neue Präsident nicht nur seinen Tatendrang unter Beweis zu stellen haben, sondern auch dem Westen deutlich machen müssen, wo Recht und Gesetz bestimmte Grenzen setzen.