Der gemäßigte Faschist

ich-ag der woche

»Nach 61 Jahren sind wir wieder dran!« jubeln die Parteifreunde von Gianfranco Fini. Der Parteichef der Alleanza Nazionale wurde am Donnerstag vergangener Woche zum neuen Außenminister der Regierung Berlusconi ernannt. Grund zur Freude haben die vielen Nostalgiker in seiner Partei allerdings. Der letzte faschistische Außenminister war 1943 von Mussolini ernannt worden: Er hieß Galeazzo Ciano und war der Schwiegersohn des Duce.

Dank Berlusconi ist nun das letzte Tabu gebrochen. Für milde Sensation sorgt die Nachricht allerdings mehr im Ausland als in Italien. Dort scheint die Öffentlichkeit schon lange mit der faschistischen Vergangenheit Frieden geschlossen zu haben und die von Fini verkörperte Tradition heute nur noch als »gemäßigt« zu empfinden. Als er noch Parteichef des faschistischen Movimento Sociale war, bezeichnete er sich als »Faschist, der nach dem Krieg geboren wurde«. Kurz vor der Neugründung, bei der 1995 Fini den Movimento Sociale in die »moderne« Alleanza Nazionale umwandelte, nannte er Mussolini noch den »bedeutendsten Staatsmann des Jahrhunderts«.

Seit seinem Bündnis mit Berlusconi galt für den gemäßigten Faschisten jedoch nur eins: die Partei salonfähig zu machen. 1999 besuchte er das ehemalige KZ in Auschwitz, seit vergangenem Jahr besuchte er mehrmals Israel. Dort entschuldigte er sich für die Rassengesetze im faschistischen Italien und bezeichnete den Faschismus als »Verkörperung des Bösen«. Die Duce-Enkelin Alessandra Mussolini trat nach dieser Äußerung beleidigt aus der Partei aus. Die Wende war vollzogen. Ein großer Erfolg auf internationaler Ebene, an den in diesen Tagen überall erinnert wird.

Weniger erwähnt werden dagegen Finis Erfolge im Bereich der Innenpolitik, insbesondere seine Rolle als Koordinator des brutalen Polizeieinsatzes beim G 8-Gipfel in Genua 2001 und seine Mitwirkung am im vergangenen Jahr verabschiedeten rassistischen Immigrationsgesetz, dem Gesetz Bossi-Fini.

federica matteoni