HT-Woman

www.hattrick.org, Teil I

Es gibt schlimmere Orte für Frauen als das Onlinefußballgame Hattrick. Das virtuelle Spiel, in dem es darum geht, textbasiert seine Mannschaft zu managen, ist daher durchaus keine ausschließliche Männersache.

Nicht einmal, wenn man nachts allein in den Foren unterwegs ist, muss man sich fürchten. Die meisten Jungs wollen wirklich nur spielen, und etwaige aufdringliche Exemplare wird man in aller Regel schnell los, sofern man über ein mindestens durchschnittliches (tief) sortiertes Repertoire leicht erfassbarer Aufforderungssätze verfügt.

Zurückweisungsresistente Typen gibt es natürlich auch, aber was eine Frau schon bei einem mittellangen Einkaufsbummel an der Welt verzweifeln lässt, ist bei HT kein Problem: Zum einen muss man sich dort die ekligen Kerls nicht auch noch anschauen, zum anderen haben die schwedischen Betreiber, sicherlich mit Rücksicht auf den weiblichen Teil der Community, kürzlich den im Forum sehr nützlichen Ignore-Button eingeführt – Blödmänner soll man schließlich weder sehen noch hören.

Nein, es ist wirklich meist nett, HT-Managerin zu sein, zumal Frauenfragen wirklich sehr geduldig und ohne jegliche Herablassung beantwortet werden.

Aber ganz streng genommen ist Hattrick eigentlich sowieso ein Mädchenspiel, nur mit scheußlichen Farben. Die Features, die den für den Extraservice zahlenden Supportern zur Verfügung stehen, sind schließlich allesamt aus der Girlieworld entlehnt: Der Kader besteht im Grunde aus virtuellen fußballspielenden Anziehpuppen, mit dem Ausprobieren, welche Farbkombinationen allen Pixelkickern gut zu Gesicht stehen, können auch nur halbwegs entschlossene Manager gut mehrere Stunden pro Woche verbringen und immer noch glauben, sie spielten ein richtiges Männergame.

Die Gästebücher sind dabei eigentlich nichts weiter als Poesiealben ohne Glanzbildchen und lesen sich manchmal auch nicht anders als die Kommentare in den traditionellen Ergüsse-Abladestellen, vom notorischen »Viele Grüße und viel Glück und Daumendrück« bis hin zu Dialogen, die menschlichen Mini-Dramen gleichkommen.

Die Presseerklärungen ähneln wiederum in vielen Fällen den Tagebüchern, die jedes kleine Mädchen irgendwann einmal geführt hat. Auch inhaltlich sind sie häufig von adäquater Schlichtheit. Statt »Ich glaube, ich habe mich ganz doll in Jojo verknallt, und Miriam sagt, er liebt mich auch und will mich zum Eis einladen, und ich sterbe, wenn er das wirklich tut« stehen in den meisten HT-Diaries halt Berichte über enttäuschte Hoffnungen, Liebeserklärungen an den Lieblingsspieler und ausgedehnte Selbstzweifel ob leider völlig danebengegangener Taktiken. Die wirklichen Knallersätze kommen dagegen meist von Frauen wie der deutschen Ex-Nationaltrainerin Kaalita, die kürzlich nach einer Niederlage schrieb: »Besser von der Engine gefickt als gar kein Sex.«

Ja, Hattrick ist unbedingt weiblich. Wenn die HT spielenden Männer das erst einmal kapiert haben, dann werden auch mit ihnen künftig während eines Bidwars Mailwechsel wie dieser möglich sein: »Brauchst du den wirklich?« »Ja, ich hab nur einen Keeper.« »Ich auch, aber ich finde den da auch noch so niedlich!« »Gut, such ich mir einen anderen, viel Spaß mit ihm.« Kvikk Halden ist seither übrigens stolz darauf, den schönsten Torhüter der Welt zu besitzen.

elke wittich