Rat vom Fachmann

in die presse

Islam und Demokratie sind unvereinbar, behaupten Fundamentalisten und Islamkritiker. Eine Minderheit von Extremisten diskreditiert eine an sich friedliche Religion, beschwichtigen Multikulturalisten und Sozialromantiker. In diese oberflächliche Debatte hat nun ein Mann den Standpunkt der militanten Aufklärung eingebracht, von dem man das nicht unbedingt erwartet hätte: der belgische Kardinal Godfried Danneels.

Es sei möglich, »einen europäischen Islam zu schaffen«, sagte Danneels der Nachrichtenagentur Reuters. Anders als die meisten seiner Kollegen glaubt er aber nicht, dass theologische Disputationen die Säkularisierung herbeiführen werden. Der Kardinal rät: »Der Islam muss seine französische Revolution machen und klar zwischen spiritueller und weltlicher Macht unterscheiden.« Für ihn hatte die französische Revolution »negative Aspekte, aber auch positive, wie die Trennung von Kirche und Staat«.

Geistliche müssen wie alle Patriarchen dazu gezwungen werden, ihre Macht abzugeben. Die Veränderung kann nur von den Gläubigen und jenen, die zum Bekenntnis genötigt werden, erkämpft werden, und sie erfordert einen regime change, denn über den Geistlichen steht ein Herrschaftssystem, das mit der Säkularisierung seine Legitimation verliert. Dass die katholische Kirche zukünftig den Kampf gegen das staatliche Migrationsregime und die Ideologie des Multikulturalismus unterstützt, ist nicht zu erwarten. Dennoch ist es erschreckend, dass derzeit ein Kardinal die Revolution propagiert, während die Linke in Staatshörigkeit verfällt oder mit Mullahs konferiert.

Deren Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. »Wir sind keine Teilzeitdiener Gottes«, protestierte Muzammil Siddiqi, der ehemalige Präsident der Islamic Society of North America, gegenüber Islam Online. Verglichen mit den katholischen Reaktionen auf die französische Revolution ist das jedoch recht gemäßigt. »Kann man etwas Unsinnigeres ausdenken, als eine derartige Gleichheit und Freiheit für alle zu dekretieren?«, fragte sich 1791 Papst Pius VI nach der Lektüre der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte.

maxim kammerer