Außen schön, innen sicher

Das Hamburger Projekt der »wachsenden Stadt« wird von einem repressiven neuen Polizeigesetz begleitet. von guido sprügel

Wir arbeiten weiterhin daran, ein wirtschaftsfreundliches Klima in Hamburg zu verbreiten«, verkündete der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU), nachdem er die Auszeichnung »European City of the Future 2004/05« entgegengenommen hatte. Im September vorigen Jahres erhielt Hamburg diesen Preis des fDi magazine der Financial-Times-Gruppe, der dem besten deutschen Investitionsstandort verliehen wird. Vor allem wurden die »Kosteneffizienz« und das »Humankapital« Hamburgs gelobt.

Die Stadt hat sich einiges vorgenommen. Getreu dem Motto »Metropole Hamburg – Wachsende Stadt«, welches bereits vom Vorgängersenat gewählt wurde, plant auch der derzeitige CDU-Senat ein schnelles Wachstum der Stadt. Ein Prestigeobjekt nach dem anderen plante der jeweilige Senat in den vergangenen drei Jahren. Zunächst bewarb man sich – am Ende vergeblich – um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2012; die Erweiterung der Stadt durch die so genannte Hafencity, die Sanierung der Vorzeigemeile Jungfernstieg und die Modernisierung von Stadtvierteln wie St. Pauli stehen weiter auf dem Plan.

Der Jungfernstieg in der Hamburger Innenstadt etwa wird mit dem Geld von »Hamburger Mäzenen«, wie es in einer Eigenwerbung der Stadt heißt, in Höhe von 14 bis 16 Millionen Euro im »internationalen Maßstab« neu gestaltet. Auch die geplante Hafencity soll sich vor allem wirtschaftlich auszahlen. Über 20 000 Arbeitsplätze und 5 500 Wohnungen verspricht sich der Senat durch die Stadterweiterung.

Die Hafencity soll vom Jungfernstieg direkt mit der neu zu bauenden U4 zu erreichen sein. Eigentlich war die U4 seit den späten siebziger Jahren dem Stadtteil Steilshoop versprochen, in dem knapp 20 000 Menschen vor allem in Hochhäusern leben. Doch nun werden die Schwerpunkte anders gesetzt. Die Innenstadt kann vom »sozialen Brennpunkt« Steilshoop aus weiterhin nur mit dem Bus erreicht werden.

Ein »wirtschaftsfreundliches Klima« soll auch mit dem Ausschluss bestimmter Bevölkerungsgruppen aus den prosperierenden Stadtteilen erreicht werden. Die Großstadt soll sauber und sicher werden wie die Provinz. Hierfür legte der Senat Mitte Dezember ein neues Polizeigesetz vor, das nur noch die von der CDU dominierte Bürgerschaft passieren muss und im Sommer in Kraft treten soll.

Die Novellierung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erweitert die Befugnisse der Polizei enorm. Die Hamburger Polizei könnte demnächst ein Aufenthaltsverbot von zwölf Monaten Dauer und einen zwei Wochen langen Unterbindungsgewahrsam verhängen; verdachtsunabhängige Kontrollen im öffentlichen Raum und Videoüberwachungen würden möglich; das Mobile Einsatzkommando soll so genannte Distanzelektroimpulsgeräte erhalten, also Elektroschockwaffen; und die »Entnahme einer Blutprobe zu gefahrenabwehrenden Zwecken« soll erlaubt werden, um »bei bestehendem Infektionsrisiko schnellstmöglich medizinische Gegenmaßnahmen einleiten zu können«.

Das Gesetz, das vom Innensenat als »modern und effektiv« bezeichnet wird, bedeutet dem Hamburger Rechtsanwalt Heinz-Jürgen Schneider zufolge vor allem den »Abbau demokratischer Grundrechte«. Der Zeitung Neues Deutschland sagte er, das Gesetz solle »vor allem als vorbeugende Maßnahme gegen Massenproteste« dienen.

Und offenbar als Handhabe gegen missliebige Personen. Schon heute erhalten etwa Afrikaner in Hamburg, die verdächtigt werden, Dealer zu sein, zu ihrem Platzverweis kleine Kärtchen mit einem Innenstadtplan ausgehändigt. Die darauf schraffierte Fläche dürften sie nach Inkrafttreten des Gesetzes 12 Monate nicht mehr betreten. Denn nicht alles soll wachsen in Hamburg.