Unter vier Ohren

Vor dem Hamburger Amtsgericht wird verhandelt, ob das Gespräch eines Redakteurs des Freien Sender Kombinats mit einem Pressesprecher der Polizei Privatsache ist. von andreas blechschmidt

Zwei Telefonate mit der Hamburger Polizei reichten für Werner P., um sich eine Anklage einzuhandeln. Dabei hat der Radioredakteur des Freien Sender Kombinats (FSK), des einzigen nicht kommerziellen Senders Hamburgs, im Oktober 2003 das getan, was Dutzende andere Journalisten ebenfalls tun: Er hat ein Telefoninterview mit dem Pressesprecher der Polizei geführt und die Aufzeichnung wenig später gesendet.

Doch Hamburgs Polizei, die ansonsten nicht gerade in dem Ruf steht, besonders zimperlich zu sein, reagierte empfindlich. Pressesprecher Ralf Kunz habe nicht gewusst, dass das Gespräch aufgezeichnet und gesendet werden sollte, obgleich Werner P. sich als Redakteur des FSK vorgestellt hatte und offensichtlich ein Interview führen wollte. P. habe die Vertraulichkeit des Gesprächs verletzt und damit einen Straftatbestand erfüllt.

Nachdem die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden war, kam es im November 2003 zu einer umfangreichen Durchsuchungsaktion in den gesamten Redaktions- und Senderäumen des FSK (Jungle World, 50/03). Doch offensichtlich ging es nicht allein um die Sicherstellung eines Mitschnitts der inkriminierten Sendung. Den besaßen die Ermittlungsbehörden längst, da der Hamburger Staatsschutz Sendungen des FSK ohnehin regelmäßig aufzeichnet. Vielmehr wurden alle Räume akribisch fotografisch erfasst, Grundrisse aufgezeichnet, Lagepläne erstellt sowie verfahrensfremde Unterlagen über Sendestrukturen und MitarbeiterInnen des Radioprojekts beschlagnahmt.

Rabiat in der Wahl der Mittel zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte des Polizeipressesprechers zeigten sich Polizei und Staatsanwaltschaft bei der gleichzeitigen Durchsuchung der Wohnung von Werner P. Sie wurde nämlich ohne einen richterlichen Durchsuchungsbefehl vorgenommen. Damit setzten die Ermittlungsbehörden die verfassungsrechtlich garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung eigenmächtig außer Kraft. Sie beschlagnahmten auch ein Band, auf dem ein weiteres Interview mit der Polizeipressestelle aufgezeichnet war, das aber nie gesendet worden ist.

Der Hamburger Polizei geht es vermutlich weniger um die Rechte ihres Polizeipressesprechers. Vielmehr dürfte die kritische Berichterstattung des FSK das eigentliche Motiv des Kriminalisierungsversuchs darstellen. Spätestens mit den Massenprotesten nach der Räumung des Bauwagenplatzes Bambule mauserte sich der freie Radiosender zu einem der wenigen Medien der Stadt, die nicht unkommentiert die Pressemitteilungen der Polizei zu den Demonstrationen wiedergaben. Stattdessen sorgten zahlreiche RadioaktivistInnen für eine engagierte Berichterstattung.

In dem Telefoninterview, das am Freitag verhandelt wird, geht es um die Misshandlung zweier Teilnehmer einer Demonstration, die FSK-Redakteure beobachtet haben. Die Polizei will möglicherweise mit dem von ihr betriebenen Verfahren die Mitarbeiter des ungeliebten Senders einschüchtern.

»Wir reden mit Ihnen nur, wenn Sie nicht mitschneiden«, heißt es mittlerweile in der Hamburger Polizeipressestelle, wenn Werner P. im Namen des FSK dort anruft.

Der Prozess findet am 28. Januar um 10 Uhr im Amtsgericht Hamburg, Sievekingsplatz 3, im Saal 292 statt.